Christine Lavant

Christine Lavant

Geniale Dichterin

Das Leben von Christine Lavant ist die Geschichte einer Frau, die trotz ihrer Herkunft aus ärmsten Verhältnissen, ihren lebenslangen körperlichen und seelischen Leiden und nur grundlegender Schulbildung mit ungeheurer Willenskraft und Begabung zu einer der bedeutendsten österreichischen Schriftstellerinnen und Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts wurde.

Christine Lavant, Musilhaus in Klagenfurt, Graffito von Jef Aérosol. Foto:EK

Christine Thonhauser wurde als neuntes Kind eines Bergarbeiters und einer Flickschneiderin bei St. Stefan im Lavanttal in Kärnten geboren. Sie wuchs in sehr armen Verhältnissen auf, und war als Kind häufig schwer krank. Durch ihre Erkrankungen konnte sie nur die Volksschule besuchen, eine weitere Berufsausbildung war nicht möglich, da sie das Lehrgeld nicht bezahlen konnte und aufgrund ihrer körperlichen und seelischen Leiden keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgehen konnte.

Doch schon als Kind hatte sie viel gelesen und sich Bücher aus der Bücherei in Wolfsberg ausgeliehen. Schon früh begann sie zu schreiben. In den Unterkärntner Nachrichten  konnte sie bereits 1933 und 1935 erste Gedichte veröffentlichen – die einzigen Zeugnisse ihres Frühwerks, da Christine Lavant alle anderen Werke aus dieser Zeit vernichtet hat.

Nach dem Tod ihrer Eltern heiratete sie 1939 den Landschaftsmaler Josef Benedikt Habernig (1879-1964).  Von der Mutter hatte sie das Stricken erlernt, mit dem sie vor allem während des 2. Weltkriegs den Unterhalt für sich und ihren Mann verdiente. Während des Zweiten Weltkriegs lebte sie sehr zurückgezogen und begann erst im Jahr 1946 wieder mit dem Schreiben.

Werner Berg, Christine Lavant.
Kunst-Fassaden-Aktion, Bleiburg. Foto: EK

Nach dem Krieg hatte sie durch den monatlich vorbeikommenden Bücherbus der amerikanischen Besetzungsmacht die Gelegenheit, die moderne amerikanische Literatur kennenzulernen.

Als 1948 ihr erstes Buch, die Erzählung Das Kind, veröffentlicht wurde, wählte sie als Künstlernamen Christine Lavant, nach dem Fluss in ihrer Heimat.

Bis Ende der 1950er Jahre hat sie mehr als 1700 Gedichte und 1200 Seiten Prosa geschaffen. Die Hälfte ihres Werks blieb zu ihren Lebzeiten unveröffentlicht und erscheint erst jetzt im Verlag Wallstein, Göttingen, in einer vierbändigen kommentierten Werkausgabe, die zur Hälfte bisher unveröffentlichte Texte aus dem Nachlass enthält (Band 3 und 4).

„Christine Lavants Lyrik zählt zum Eigenständigsten und Besten, das im 20.Jahrhundert deutscher Sprache geschrieben wurde.“ (Klaus Amann, bis 2014 Professor für Neuere Deutsche Literatur, Gründer und langjähriger Leiter des Robert-Musil-Instituts für Literaturforschung der Universität)

Bei den St. Veiter Kulturtagen Ende 1950, konnte sich Christine Lavant als Lyrikerin erfolgreich präsentieren. Bei dieser Künstlertagung Ende 1950 traf sie den Maler Werner Berg, die großen Liebe ihres Lebens. Berg war verheiratet und bewirtschaftete gemeinsam mit seiner Frau und seinen fünf Kindern einen Bauernhof in Unterkärnten. Die fünf Jahre dauernde, intensive und schwierige Beziehung bedeutete für den Maler und die Schriftstellerin auch künstlerisch eine wichtige kreative Schaffensphase.

Dieser Schaffensphase ist dieses Jahr im Werner Berg-Museum Bleiburg die Ausstellung Werner Berg Christine Lavant gewidmet, die noch bis 31. Oktober 2024 zu sehen ist.

Werner Berg, Christine Lavant. Holzschnitt. Kunst-Fassaden-Aktion, Bleiburg. Foto: EK

„Das ‚unverhoffte, mysteriöse, weibliche Naturwunder aus der Provinz‘ wurde auch rasch als solches erkannt – und gefördert. Eine in prekären Umständen lebende Außenseiterin blieb die in bitterer Armut aufgewachsene und von schweren körperlichen und seelischen Krankheiten geplagte Lavant dennoch. Wer so geboren wird, kommt in den Literaturbetrieb nie wirklich hinein.“ (Volltext, Nr.2/2023, S. 56)

Für ihr Werk wurde Christine Lavant vielfach ausgezeichnet. 1954 und 1964 erhielt sie den Georg-Trakl-Preis für Lyrik, 1956 2. Preis im Lyrik-Wettbewerb der Neuen Deutschen Hefte, 1961 den Staatlichen Förderungspreis für Lyrik, 1964 den Anton Wildgangs-Preis für Lyrik und 1970 den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur.

Als die Oxford University Press1971 eine Sammlung von „Seventeen Modern German Poets“ (Siebzehn moderne deutsche Dichter) herausgab, waren sie neben Berthold Brecht, Paul Celan , Gottfried Benn, Ingeborg Bachmann und Nelly Sachs in diesem Band  vertreten.

Christine Lavant ist 1973 in Wolfsberg/Kärnten gestorben.

Anlässlich des 100. Geburtstages von Christine Lavant schuf die Bildhauerin Hortensia in den Jahren 2015 bis 2016 ein lebensgroßes Denkmal der Dichterin, das am 28. Juni 2024 am Geburtsort der Dichterin in St. Stefan im Lavanttal am Christine-Lavant-Platz enthüllt wurde.

Hortensia, Christine Lavant. Ausstellung Der Atem der Bronze im Werner-Berg-Museum. Foto: EK
„Ich will allen Kränkungen gut in die Augen schauen, 
ihnen sagen, dass es nichts Heilloses gibt
und daß keine von ihnen mich wirklich kränke,
weil immer wieder der Spiegel der Demut 
zusammenwuchs hinter ihren Schlägen.“
(Christine Lavant, Gedichte. 
Bibliothek Suhrkamp, Band 970.  
1. Auflage 2016. S. 85)

Für alle Interessierten, die sich mit Leben und Werk von Christine Lavant eingehender befassen möchten:

Links:

Dokumentation: Christine Lavant. Wie pünktlich die Verzweiflung ist (2023) (46:12 min) https://www.youtube.com/watch?v=VZ2oDRe785M

Lesung: Gerti Drassl liest Christine Lavant. Musik von Edgar Unterkirchner, Julia Hofer & Hannah Senftner https://www.youtube.com/watch?v=rEW0vlOjAWc (58:40 min)

Internationale Christine Lavant Gesellschaft: https://christine-lavant.com/

Werner Berg Museum, Bleiburg/Pliberk: https://www.wernerberg.museum/

Die Kommentare sind geschlossen.