Neue Möbel
Design der Zwischenkriegszeit
Das Möbelmuseum Wien stellt mit der Sonderausstellung “Josef Frank und die anderen. Neue Möbel 1920-1940” die Geschichte des Möbeldesigns in der Zwischenkriegszeit anhand von ausgewählten Möbelstücken aus der eigenen Sammlung vor und eröffnet damit gleichzeitig einen Blick auf seine Ursprünge und Wirkungen bis in unsere Gegenwart.
Anlass für diese Ausstellung ist der140. Geburtstags des Architekten Josef Frank (1885–1967) und das 100-jährigen Jubiläums der Gründung des Wiener Einrichtungsunternehmens „Haus & Garten“. Im Zentrum stehen die Entwicklung des Möbeldesigns in den 1920er und 1930er Jahren in Wien und die damals führenden DesignerInnen.

Begonnen hatte der Stilwandel bereits um die Jahrhundertwende, als eine neue Generation von Architekten begann, Räume und Gebrauchsgegenstände zu gestalten. Zu diesen gehörten Oskar Strnad (1879-1935), Oskar Walch (1881-1963), Hugo Gorge (1883-1934) und Josef Frank (1885-1967), die bereits 1911/1912 in einer Ausstellung im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie (heute Museum für angewandte Kunst) ihre neuartigen und richtungsweisenden Raumgestaltungen zeigten. Dabei orientierten sie sich an den Einrichtungen zur Zeit des Biedermeier von 1815 bis 1848 (Anm. Diese Verbindung kann in der Dauerstellung des Möbelmuseums Wien, das ein herausragend gestaltete Biedermeiersammlung besitzt, nachvollzogen werden).
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie blieb Wien trotz der politischen Krisen dieser Zeit das Verwaltungszentrum der Republik und kulturelles Zentrum des Staates. Die DesignerInnen entwarfen Möbel für das Bürgertum dieser Zeit.
Ein wesentliches Merkmal der Möbel war ihre hohe handwerkliche Qualität, die gestalterische Vielfalt an Möbelformen und Möbeltypen, ihre Funktionalität und ihr Komfort. Zu den wichtigsten Gestaltungselementen zählten Leichtigkeit und Eleganz. Wichtig wurde eine Gestaltung des Wohnraums, die auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner einging. Der Bequemlichkeit wurde nun Vorrang vor der Repräsentation eingeräumt.
Josef Frank formulierte seine Ideen für eine Wohnungseinrichtung folgendermaßen: “Wohnzimmer sollen…Räume sein, die nicht nur durch ein ganzes Menschenleben als Hintergrund und Aufenthalt ihrer Bewohner mit ihren stets wechselnden und sich entwickelnden Anschauungen dienen können, sondern sie müssen auch im Stande sein, alle die Gegenstände, die die Bewohner in ihrer Umgebung haben wollen, als organischen Bestandteil aufnehmen zu können und ohne ihren Charakter zu verlieren.” (Josef Frank, Die Einrichtung des Wohnzimmers, 1919)
Die DesignerInnen in Österreich unterschieden sich damit sowohl von der luxuriösen Formenwelt des französischen Art déco, vom Designkonzept des Bauhauses als auch vom Konzept der bis ins letzte Detail durchgestalteten Wohnung der bis 1932 bestehenden Wiener Werkstätte, die vor allem für das begüterte Großbürgertum produzierte.

Entwurf: Josef Frank, Ausführung: Haus & Garten, nach 1925.
© Bundesmobilienverwaltung
Sammlung: Bundesmobilienverwaltung
Foto: Edgar Knaack
Josef Frank, Oskar Wlach und Walter Sobotka gründeten 1925 das Unternehmen “Haus und Garten”. Nach dem Ausscheiden von Walter Sobotka führten Frank als künstlerischer Leiter und Wlach als Geschäftsführer ab 1926 das Unternehmen weiter. Das Unternehmen führte neben Einzelmöbeln, die von externen Handwerksbetreiben nach Bedarf in Auftragsarbeit hergestellt wurden, auch Leuchtkörper, Wohntextilien und Wohnaccessoires. Während in den Anfängen vor allem für das wohlhabende Bürgertum in Wien produziert wurde, erfolgte sukzessive eine Ausweitung auf den internationalen Markt, sodass Mitte der 1930er Jahre bereits Vertretungen in Köln, Prag, Mailand, Paris und Chicago bestanden.
Zu dieser Zeit hatte Josef Frank, der mit einer Schwedin verheiratet war, aufgrund des verstärkten Antisemitismus in Wien seinen Wohnsitz bereits nach Stockholm verlegt. Er war weiterhin als Designer für die Firma Haus und Garten tätig, begann aber bereits 1934, für das schwedische Einrichtungshaus Svenskt Tenn zu arbeiten. Nach der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich im Jahr 1938 wurde die Firma “Haus und Garten” arisiert.
Oskar Wlach gelang mit seiner Frau die Flucht in die Schweiz und über London nach New York, wo er Wohnungen einrichtete. Josef Frank emigrierte mit seiner Frau 1941 von Stockholm nach New York, wo er an der “New School of Research unterrichtete. 1946 kehrte sie nach Stockholm zurück und war als Chefdesigner Pionier des schwedischen Möbeldesigns der Moderne.

Entwurf: Ernst A. Plischke, 1928
© Bundesmobilienverwaltung
Sammlung: Bundesmobilienverwaltung
Foto: Edgar Knaack
Die Zeit des Nationalsozialismus bedeutete sowohl für die in Wien und Österreich tätigen ArchitektInnen und DesignerInnen als auch für die AuftraggeberInnen Verfolgung und Vertreibung. Dem Architekten und Designer Felix Augenfeld gelang die Flucht nach New York, der Architekt und Designer Heinrich Glaß (Henry P. Glass) ging ebenfalls in die Vereinigten Staaten. Walter Loos und seine Partnerin zuest nach London und von dort über New York nach Buenos Aires in Argentinien. Der Architekt Robert Sheldon ging nach Australien. Ernst Anton Plischke emigrierte nach Neuseeland und kehrte erst 1963, als er zum Professor für Architektur an der Akademie der bildenden Künste berufen wurde, nach Wien zurück. Der Architekt Herbert Eichholzer wurde 1943 als Widerstandskämpfer hingerichtet.
Auch einige der in Wien gefertigten und nunmehr wieder hierher zurückgekehrten Möbelstücke haben mit ihren BesitzerInnen durch die erzwungene Emigration eine lange Reise hinter sich gebracht. Ein Beispiel dafür ist der Kanadier Armlehnsessel, den Hugo Gorge um 1920 entworfen hat. Dieser Armlehnsessel begleitete die Familie Lorenz in die Emigration von Wien nach Prag und London. Durch die Nichte von Rudolf Lorenz gelangte das Möbelstück nach Toronto in Kanada, kam als Geschenk ihrer Tochter 2024 in die Möbelsammlung nach Wien zurück und ist jetzt in der Ausstellung zu sehen.

© Bundesmobilienverwaltung
Sammlung: Bundesmobilienverwaltung
Foto: Edgar Knaack
Alle, die sich die Frage stellen, warum unsere Möbel so und nicht anders aussehen und welche Bedeutung das Möbeldesign der Zwischenkriegszeit in diesem Zusammenhang für die weitere Entwicklung hatte, sollten nicht versäumen, sich diese Ausstellung anzusehen.
Die Ausstellung ist noch bis 11. Jänner 2026 im Möbelmuseum Wien zu sehen!
Adresse: Möbelmuseum Wien, Andreasgasse 7, 1070 Wien https://www.moebelmuseumwien.at/
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und Feiertag: 10:00-17:00 Uhr, Montag geschlossen
Katalog: Eva B. Ottilinger (Hg.), Josef Frank und die anderen. Neue Möbel 1920-1940. Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 41. Böhlau-Verlag, Wien 2025
