Weltbevölkerungstag
Reproduktive Rechte und reproduktive Gesundheit von Frauen
Die Auswirkungen der Corona-Krise sind vielfältig und zeigen sich weltweit. Ein Bereich, der in der öffentlichen Debatten wenig Erwähnung findet, sind die Folgen der Ausgangsbeschränkungen für Frauen im Zusammenhang mit Familienplanung, Gewalt und Bildung. Dies betrifft zwar überwiegend, aber bei weitem nicht nur, Entwicklungsländer. Vor allem der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen und Amnesty International weisen auf diese für Frauen dramatischen Entwicklungen hin.
Zur Einleitung des Beitrags einige offizielle Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Nach Schätzungen der WHO starben schon bisher jedes Jahr mehr als 300.000 Frauen im Jahr an Komplikationen während ihrer Schwangerschaft und bei der Geburt; mehr als 200 Millionen Frauen haben keine Möglichkeit, ihren Bedarf an modernen Mitteln zur Familienplanung zu decken; rund ein Drittel aller Frauen erleidet während ihres Lebens sexualisierte und physische Gewalt.
Im Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW – Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women), dem internationalen Übereinkommen der Vereinten Nationen zu Frauenrechten, wurde im Jahr 1979 das Recht auf Familienplanung erstmals verbindlich festgeschrieben. Insbesondere im Artikel 16, in dem es um die Beseitigung der Diskriminierung der Frau in Ehe- und Familienfragen geht. Im Besonderen ist dort u.a. das gleiche Recht auf Eheschließung und Eheschließung nur mit freier und voller Zustimmung, gleiche Rechte und Pflichten in der Ehe und als Eltern und bei der freien und verantwortungsbewussten Entscheidung über Anzahl und Altersunterschied der Kinder sowie auf den Zugang zu den dafür erforderlichen Informationen, Bildungseinreichtungen und Mitteln verankert.
Der 1969 gegründete Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen hat mit seiner Tätigkeit wesentlich dazu beigetragen, reproduktive Gesundheit und reproduktive Rechte auf politischer Ebene zum Thema zu machen. Seine Hauptaufgaben liegen heute in den Bereichen sexuelle und reproduktive Gesundheit, Familienplanung, Bildung, Gleichberechtigung und Schutz von Frauen und Kindern gegen Gewalt. Die Aufgaben dieser Organisation umfassen Bewusstseinsbildung, die Unterstützung von Programmen, die Erhebung und Analysen von Daten in diesen Bereichen und die Förderung von Bildung und Chancengleichheit.
Konkret bedeutet dies Unterstützung bei der Familienplanung, vor allem auch zur Verhinderung von ungewollten Schwangerschaften von Teenagern und die Sicherstellung des Zugangs zu verlässlichen Verhütungsmitteln. Weiters geht es um Hilfe für schwangere Frauen, vor allem für jene, bei denen es während der Schwangerschaft zu lebensgefährliche Komplikationen kommt; dabei handelt es sich weltweit jedes Monat um 1 Million Fälle! Dazu gehört auch die Weiterbildung im Gesundheitsbereich, um sicherzustellen, dass Frauen bei der Geburt durch ausgebildete Personen betreut werden. Ein weiterer Bereich ist die Verhinderung von Kinderheiraten; lt. Schätzungen der UNFPA werden in den nächsten 5 Jahren rund 70 Millionen Mädchen von einer erzwungenen Heirat betroffen sein. Selbstverständlich geht es auch um die Verhinderung von Gewalt an Frauen und Kindern.
Auch in der Agenda 2030, den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (SDGs), ist die Stärkung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der entsprechenden Rechte enthalten. Ein wichtiger Schwerpunkt des Entwicklungsziels 3 zu Gesundheit liegt auf der Verminderung der Zahl der Todesfälle von Schwangeren, Müttern, Neugeborenen und Kindern. Auch die Beendigung der HIV-Epidemie ist Teil dieses Entwicklungsziels. Das Entwicklungsziel 5 enthält die Gleichstellung der Geschlechter und die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen.
Um das Bewusstsein für diese Fragen zu stärken, hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 1990 die Einführung eines Weltbevölkerungstages (World Population Day) beschlossen, der jedes Jahr am 11. Juli begangen wird.
Dieses Jahr wird der Weltbevölkerungstag seinen Fokus besondern auch auf die jetzt schon bemerkbaren katastrophalen Auswirkungen der Freiheits- und Reisebeschränkungen während der Corona-Krise auf Frauen gerichtet sein.
Amnesty International hat in der “Aktiv.Ist.In. Frauenrechte sind Menschenrechte”, Amnesty-Info vom Juni 2020 (S. 4ff) bereits über die Auswirkungen der globalen Gesundheitskrise auf Frauen berichtet. Demnach werden in einigen Ländern wie Nepal und Südafrika Institutionen, die Verhütungsmittel anbieten, gezwungen, ihre Leistungen einzuschränken oder auszusetzen; anderswo sind neue Zugangsbarrieren aufgrund der Arzneimittelknappheit oder finanziellen Problemen durch den Verlust von Arbeitsplätzen entstanden. In Simbabwe können viele schwangere Frauen und Mädchen die Mittel für den Transport zu Gesundheitseinrichtungen nicht mehr aufbringen. In der Westbank/Gaza sind wesentliche Medikamente und Ressourcen für die Gesundheit von Müttern und Kindern fast nicht mehr vorhanden, Beratungen und zur Familienplanung wurden eingeschränkt, Routineuntersuchungen von Schwangeren vor und nach der Geburt wurden eingestellt.
Die UNFPA hat in ihrer Information zu “Covid-19: A Gender Lens” deutlich gemacht, dass Pandemien zu einer Verschlechterung bestehender Ungleichheiten von Frauen und Männern führen. Da Frauen immer noch weniger Mitsprachemöglichkeiten in Entscheidungssprozessen haben, ist ihr Einfluss auf die getroffenen Entscheidungen auch dann begrenzt, wenn es um die gesundheitlichen Folgen für Frauen geht.

Links:
https://www.unbrussels.org/united-nations-population-fund-unfpa/
https://www.unfpa.org/resources/covid-19-gender-lens
https://www.amnesty.at/%C3%BCber-amnesty/aktivist-innen/netzwerk-frauenrechte/
http://www.diequerdenkerin.at/was-ist-cedaw/