Lebensmelodien

Lebensmelodien

Erinnerung durch Musik

Es gibt Konzerte, die durch die vorgetragene Musik und ihre Geschichte ergreifen und bewegen. Lebensmelodien sind jüdische Melodien, Lieder und Musikstücke, die in den Jahren zwischen 1933 und 1945 in der Zeit der Verfolgung in Ghettos und Konzentrationslagern komponiert, gesungen und gespielt wurden.

Lebensmelodien ist ein Forschungs-, Musik- und Bildungsprojekt, mit dem eine Weiterentwicklung der Erinnerungskultur erfolgt. Durch das im Jahr 2019 begonnene Projekt konnten bereits zahlreiche in Vergessenheit geratene Musikstücke wieder gefunden, zum Leben erweckt und die Schicksale jener Menschen, die diese Musik geschrieben und vorgetragen haben, erforscht werden.

Nur wenige von ihnen haben überlebt, viele wurden ermordet. Die Notenblätter sind oft auf abenteuerliche Weise in die Hände der Familien und Freunde gelangt, wurden von ihnen aufbewahrt und nun für das Projekt zur Verfügung gestellt. Diese Musikstücke sind ein Zeichen dafür, wie Menschen selbst im Angesicht des Todes ihre Zuversicht in schwersten Zeiten erhalten und ihre Würde bewahrt haben. “Die Musik hat geholfen, in den Ghettos und Lagern zu überleben – oder auch von dieser Welt Abschied zu nehmen.” (Zitat: Programm, Lebensmelodien, Wien 27. April 2025)

Begonnen hatte alles mit dem Abschiedsbrief der Großtante des künstlerischen Leiters des Projekts, Nur Ben Shalom. Salomea Ochs Luft wuchs in Wien und Tarnopol auf und war Pianistin bis ihre Karriere durch den Aufstieg der Nationalsozialisten beendet wurde. Sie und viele ihrer Familienmitglieder wurden in das Ghetto von Tarnopol deportiert und dort ermordet. Ihren Abschiedsbrief beendete sie mit den Worten “Lebt wohl, lasset es Euch recht gut gehen – und wenn ihr könnt, dann nehmt einst Rache.” Nur Ben Shalom wählte als Musiker dafür den Weg, “die Stimmen derer wieder zum Klingen zu bringen, die einst gewaltvoll zum Schweigen gebracht wurden.” (Zitat: Programm, Lebensmelodien, Wien 27. April 2025)

“Wenn wir diese Melodien spielen, bringen wir die Stimmen dahinter zurück. Wir bringen die Geschichten von Menschen zurück, die überleben wollten.“ Wobei die Musik eine Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft bildet und zeigen soll, was wir gemeinsam tun können um in einer besseren Welt zu leben zu können. (Nur Ben Shalom)

Dieses Anliegen wird sowohl durch Konzerte als auch durch ein Schulprojekt umgesetzt. In diesem Schulprojekt wurde bisher in rund 300 Schulen Musikstücke mit Kindern und Jugendlichen einstudiert und ihnen so ein Zugang zur Erinnerung an den Holocaust eröffnet. Erklärtes Ziel ist es, dass jedes Kind in Deutschland in seinem Leben zumindest eine Lebensmelodie hört.

Michael Raddatz, Superintendent Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg Berlin und Direktor des Projekts Lebensmelodien sagte in einer Rede, dass die “Shoa ein wichtiger Teil der heutigen politischen Situation ist und auch so verstanden werden muss” und betont auf der Homepage des Projekts: “Wir führen den Kampf gegen den Antisemitismus als interreligiöse Kooperation gemeinsam und mit den Mitteln der Bildung und Musik.“

Sollten sie Interesse an diesem zutiefst berührenden Weg des Erinnerns haben, finden sie nachstehend die Links zur Homepage und zum YouTube-Kanal des Projekts Lebensmelodien und eine Auswahl aus den Videos.

Links:

Website des Projekts: https://www.lebensmelodien.com/

YouTube Kanal des Projekts mit allen veröffentlichten Videos: https://www.youtube.com/@Lebensmelodien/videos

Auswahl aus den Videos:

Melodie von Gur-Sochaczew (6:06 min): https://www.youtube.com/watch?v=2uXSk25sqtI

Schmuel Blasz: Shalom Alechem. Projektchor Landesmusikgymnasium Montabaur (11:27 min): https://www.youtube.com/watch?v=jvd-wrSsY0M

Geschichte von Josima Feldschuh (1929-1943), der Pianistin des Warschauer Ghettos (18:19min): https://www.youtube.com/watch?v=qYIcy8bFR-Y

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