K&K – Weg ins Abseits

K&K – Weg ins Abseits

Einblicke in 17 Monate türkis-blaue Regierung

Mit dem Buch „Kurz & Kickl. Ihr Spiel mit Macht und Angst“ hat Helmut Brandstätter, ehemaliger Chefredakteur und Herausgeber der österreichischen Tageszeitung KURIER und mittlerweile Politiker der NEOS, eine Analyse der Auswirkungen der 17 Monate dauernden türkis-blauen Regierung vorgelegt. Das Buch hat er, wie er bei der Präsentation des Buches ausdrücklich betont hat, als Journalist gedacht und geschrieben, der Entwicklungen aufdecken wollte. Das sehr interessante Vorwort zu diesem Buch über die Veränderungen des bürgerlichen Lagers hat Vizekanzler a.D. Erhard Busek verfasst.

Das Buch soll laut Brandstätter dazu beitragen, „dass die Macht, die zur Politik immer dazugehört, mit mehr Verantwortung ausgeübt wird. Und niemand mehr Angst vor denen haben muss, die gerade an der Macht sind.“

Beschrieben – und untermauert mit vielen konkreten Beispielen – wird, wie sich Österreich in dieser Zeit (18. Dezember 2017 bis 27. Mai 2019) verändert hat, wie stark die von Kurz gegeführte ÖVP der FPÖ nachgegeben hat und wie dies möglich war.

Er zeigt die Hintergründe, die für die Bildung dieser Regierung ausschlaggebend waren, die handelnden Personen, ihre Vorbilder, Netzwerke und Ideologien und ihre Vorgangsweise.

Ausgehend von der Grundannahme, dass wer die Demokratie zerstören will, ihre Instutionen zerstören muss, beschreibt er eine Entwicklung, die mit Jörg Haider ´s Angriffen auf den Verfassungsgerichtshof begonnen hat, ihre Fortsetzung in der Denunzierung des Parlaments als „Quatschbude“ fand und unter der türkis-blauen Regierung zum Umbau der Sicherheitsbehörden führte.

Ein wesentlicher Teil des Buches ist den Vorgängen im Innenministerium, vor allem auch die Vorgänge rund um den BVT-Skandal (BVT – Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) und dessen Folgen, und der gefährdeten Pressefreiheit durch die „Message Control“ der Regierung Kurz gewidmet.

Der verharmlosende Begriff „Message Control“ der Kurz-Regierung bedeutet, dass einfache Botschaften formuliert, konsequent verbreitet und anderslautende Meldungen und Meinungen nach Möglichkeit durch Interventionen und Abwertung von kritischen JournalistInnen unterdrückt werden. Dies gilt sowohl für schriftliche Beiträge als auch für Fotos und Videomaterial. Wie Brandstätter zeigt, geht dabei jedoch nicht um Kontrolle, sondern um die Einschränkung der Pressefreiheit. Diese Message Control geht aber noch weiter, wie die geplante Unterwerfung der Statistik Austria unter die Message Control des Bundekanzerlamtes zeigt. Demnach sollte nicht mehr die Statistik Austria im Sinne einer objektiven Information der Öffentlichkeit die von hochqualifizierten ExpertInnen erhobenen Statistiken und Auswertungen veröffentlichen, sondern das Bundeskanzleramt – nach vorhergehender „Prüfung“, was für die Regierung nützlich ist.

Ein weiterer Abschnitt des Buches befasst sich mit den sog. „Einzelfällen“ in den Reihen der FPÖ. Diese „Einzelfälle“ waren eine Aneinanderreihung von Vorfällen zur Stimmungsmache zur Ausgrenzung von Ausländern, zur Verharmlosung von nationalsozialistischen Verbrechen, von rassistischen und antisemitischen Äußerungen und von Verunglimpfungen von Andersdenkenden, zu denen die von Kurz geführte ÖVP weitestgehend geschwiegen hat.

Als weitere Beispiele der Regierungspolitik werden die Sozialpolitik, vor allem die Änderung der Mindestsicherung, die Außenpolitik, die Landesverteidigung und der zunehmende stattliche Einfluss auf Staatsbeteiligungen wie bei der Staatsholding, der Österreichischen Nationalbank, der Bankenaufsicht und der Statistik Austria, beschrieben.

Das Buch enthält auch eine Analyse der Vorgänge rund um die Veröffentlichung des Ibiza-Videos bis zum Rückritt der Regierung.

Abschließend geht er in kritischer Auseinandersetzung mit dem Programm und den Maßnahmen der Regierung Kurz den Zukunftsthemen Bildung, Klimakrise, ökologische Stuerreform, Sicherung des Pensions- und Sozialsystems, Stärkung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Kontrolle der Institutionen des Staates, der Bedeutung der Europäischen Union und der Sicherheitspolitik nach.

Auf der Grundlage der Hintergründe und Entwicklungen in den verschiedensten Bereichen beschreibt er die sukzessive Veränderung der gesellschaftlichen Stimmung unter dieser Regierung und wirft die Frage auf, ob der Weg zum autoritären Staat nach gestoppt ist. Wobei er davon ausgeht, dass der Versuch, aus der Republik Österreich einen Staat mit starken autoritären Tendenzen zu machen, vorerst gescheitert ist. Wobei dem Wort „vorerst“ hier besondere Bedeutung zukommt.

„Die türkis-blaue Regierung hat nur 17 Monate gebraucht, um aufzuzeigen, wie schnell und tiefgehend Rechtsstaat, Demokratie und Meinungsfreiheit gefährdet sein können.“

Getragen von einem Bekenntnis zu liberalen Demokratie bietet das Buch mit seinen Analysen und gut recherchierten Zusammenhängen und Fakten Einblicke in die aktuellen politischen Entwicklungen in Österreich.

Ich empfehle dieses Buch allen, die sich für österreichische Politik interessieren und denen demokratiepolitische Fragen ein Anliegen sind.

Helmut Brandstätter, Kurz & Kickl. Ihr Spiel mit Macht und Angst. Verlag Kremay & Scheriau, Wien 2019

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