Wider die Macht

Wider die Macht

Kunst als Medium des Widerstandes

Geschichte und Zeitgeschichte werden auf unterschiedlichste Weise für uns sichtbar – durch Gebäude, Dokumente, Biografien und Zeitzeug:innen, wirtschaftliche Arbeiten, Fotos, Filme, Tondokumente und nicht zuletzt durch Werke der Kunst.

Es ist ein besonderes Verdienst des Hauses des Geschichte im Museum Niederösterreich, die Kunstsammlung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) in einer sehr gut in historischem Zusammenhang aufbereiteten Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit dem zur Ausstellung erscheinenden Katalog wird diese Kunstsammlung auch erstmals umfassend dokumentiert.

Folder der Ausstellung

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) wurde 1963 gegründet, um Belege, Dokumente und Erinnerungen zu sichern, aufzubewahren und dem Vergessen entgegenzuwirken. Heute umfasst es neben dem Archiv mit Spezialsammlungen, eine Bibliothek, sowie ein Museum und ist vor allem auch eine zentrale Forschungseinrichtung für die Zeit 1933-1938 in Österreich, Wiederstand und Verfolgung 1938-1945, die Aufarbeitung der NS-Zeit nach 1945, Rechtsextremismus und Rassismus.

Die Kunstsammlung besteht aus Geschenken von Kunstschaffenden, die damit ihre Wertschätzung für die Arbeit des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes zum Ausdruck brachten.

Künstler:innen erzählen durch ihre Bilder Zeitgeschichte, wie sie sie erlebt haben. Es ist ein Erinnern an die Zeit von 1934 bis 1945, an oft fast vergessene Schicksale, an Widerstand, Verfolgung, Flucht, die Greuel des nationalsozialistischen Regimes, an Krieg und die Ermordung von Millionen Menschen, aber auch an den Kampf ums Überleben und an die Aufarbeitung der Traumata nach dem Krieg.

Elisabeth (Else) Argutinsky-Dolgorukow, Theresienstadt, Hanoverkaserne,1943. Sammlung DÖW

“Die älteren Arbeiten, viele davon in Lagern und Gefängnissen entstanden, stellen wichtige Quellen aus der Zeit von Verfolgung und Widerstand dar. Bilder und Grafiken, die nach 1945 entstanden sind, zeigen hingegen die vielfältigen Wege auf, wie die Belastungen und Traumata künstlerisch verarbeitet wurden” (Christian Rapp, wissenschaftlicher Leiter des Hauses der Geschichte).

Gegliedert ist die Ausstellung in die zwei Teile “Kunst im Widerstand: Zeugnisse der Verfolgung” und “Auflehnung und Kunst nach der Befreiung: Ergründen, Erinnern Mahnen und Verwandeln”. Gezeigt werden neben Porträts vor allem Bilder, die Ausdruck und gleichzeitig Dokumentation des Gesehenen und selbst Erlebten sind, aber auch der Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus nach dem Krieg. Neben Werken von unbekannten Künstler:innen werden Werke von Heinrich Sussmann, Anselm J. Grand, Carry Hauser, Kurt Moldovan, Karl Stojka, Adolf Frohner, Georg Eisler und Alfred Hrdlicka zu sehen. Ergänzt wird die Ausstellung durch Tondokumente mit Zeitzeug:innen oder gelesenen Tagebuchaufzeichnungen und Kurzfilme.

Besonders hinweisen möchte ich auf die auch online abrufbaren Kurzfilme. Diese Filme wurden im Rahmen eines Schüler:innenprojektes, das vom Landestheater Niederösterreich in Kooperation zwischen dem Haus der Geschichte und dem Mary Ward Privatgymnasium in St. Pölten im Rahmen der “Lebendigen Bibliothek” durchgeführt wurde. Unter dem Projektmotto der Klasse 6A “Lernen und Hoffen!” wurden auf der Grundlage von vom DÖW zur Verfügung gestellten autobiografischen Texten vier sehr eindrückliche und berührende Kurzfilme gestaltet. Die Kurzfilme (jeder etwa 4 Minuten lang) beziehen sich auf die Schicksale und Erinnerungen von vier Menschen, die die Konzentrationslager überlebt haben und setzen diese Texte mit Kreativität und großem Einfühlungsvermögen filmisch um. Es handelt sich um Anselm Grand (1913-1976), Elisabeth (Else) Argutinsky-Dolgurokow (1873-1953), Heinrich Sussmann (1904-1986) und Anni Sussmann (1909-1985). Link: https://www.landestheater.net/de/spielplan/erinnerungsbuero/die-lebendige-bibliothek/saison-2021-22

Diese Ausstellung ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie anhand von künstlerischen Arbeiten zeitgeschichtliche Zusammenhänge hergestellt, Geschehnisse dokumentiert und vor allem Menschen und ihre Schicksale sichtbar gemacht werden können. Der Bezug zur Nachkriegsgeschichte erinnert uns vor allem auch daran, wie wichtig das Verständnis für politische Entwicklungen und ihre Folgen ist und jede/r von uns die Aufgabe hat, in unserer Zeit sehr achtsam zu sein, wenn Menschenrechte und Grundfreiheiten eingeschränkt und verletzt werden.

Die Ausstellung “Wider die Macht. Die Kunstsammlung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes” ist noch bis 15. Jänner 2023 zu sehen!

Adresse: Museum Niederösterreich, Haus der Geschichte. Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten https://www.museumnoe.at/de/startseite

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, Feiertag: 9:00- 17:00 Uhr

Montag geschlossen, jedoch an Feiertagen auch montags geöffnet

Katalog: Wider die Macht. Die Kunstsammlung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes. Hg. Christian Rapp und Ursula Schwarz. Residenz Verlag. Wien 2022

Andre Verlon, Sein oder Nichtsein. 1962/1963. Sammlung DÖW. c Bildrecht, Wien 2022

Zum Weiterlesen:

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: https://www.doew.at/

Friedl Dicker-Brandeis: https://www.diespurensucherin.at/?s=Friedl+Dicker-Brandeis

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