Egon Schiele: Wirkungen

Egon Schiele: Wirkungen

Mit der Frage, wie ein Künstler mit seinen Werken weit über seine Zeit hinaus wirkt und kommende Generationen von KünsterInnen beeinflussen kann, befasst sich die Ausstellung in der Albertina modern “Schiele und die Folgen”.

Die Albertina modern, im Jahr 2020 im renovierten und mit modernen Ausstellungsräumen ausgestatteten Künstlerhaus am Karlsplatz eröffnet, ist mit über 60.000 Werken von 5.000 KünsterInnen eines der größten Museen für moderne Kunst und Gegenwartskunst. Es ist das derzeit einzige Museum in Österreich, das in einer permanenten Schausammlung österreichische Kunst der letzten 80 Jahre in einer Zusammenschau mit den wichtigsten internationalen Entwicklungen der Kunst präsentiert. Neben der Schausammmlung zeigt die Albertina modern regelmäßig Sonderausstellungen.

Die Ausstellung “Schiele und die Folgen” eröffnet den Blick darauf, wie sehr die radikale Neuinterpretation des Selbstporträts durch Egon Schiele (1890-1928) in den Jahren 1910 bis 1918 nicht nur KünsterInnen seiner Zeit, sondern auch nach 1945 bis zur Gegenwart in ihrer Auffassung des Selbstporträts beeinflusst hat.

Egon Schiele hat nach seiner Lösung von der Kunst der Wiener Secession, ihrem Kunstverständnis und Schönheitsideal, ab dem Jahr 1910 in seinen Werken einen eigenständigen radikalen Expressionismus entwickelt und damit auch im Hinblick auf die Selbstbildnisse einen neuen Weg eingeschlagen. Diese sind nun nicht mehr, wie bisher in der Kunstgeschichte seit der Renaissance, klassische Selbstporträts, die auf Wiedererkennbarkeit abzielten und den Künstler (sehr selten auch die Künstlerin) als BürgerIn oder KünstlerIn zeigen, sondern Inszenierungen. Er zeigt sich als Individuum in verschiedenen Rollen, in denen es ihm nicht mehr um Abbildung, sondern um Charakter- und Lebensanalyse geht.

Oder, um es mit den Worten Schieles zu sagen: “Wenn ich mich ganz sehe, werde ich mich selbst sehen müssen”.

Egon Schiele, Selbstporträt mit herabgezogenem Augenlid, 1910. Albertina, Wien

Dieser grundlegende Wandel in der Auffassung des Selbstporträts blieb weit über seinen unmittelbaren Einfluss auf die Künstlergeneration der 1920er und 1930er Jahre auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als sein Werk auch in den Vereinigten Staaten bekannt wurde, richtungsweisend für diese Kunstgattung in der westlichen Welt.

Zur Veranschaulichung der Wirkung seiner Kunst werden in der Ausstellung den 21 Selbstbildnissen Egon Schieles die Werke von zwölf international renommierten KünstlerInnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute gegenübergestellt. Es sind KünstlerInnen, die unterschiedliche Zugänge zum Thema Selbstporträt haben und verschiedene Formen der Selbstinszenierung wählen, wie Maria Lassnig, die innerste Gefühlszustände darstellt; Arnulf Rainer, der seine kompromisslose Auseinandersetzung durch die Übermalung von Fotos führt; Günter Brus, der den Körper als Bildträger verwendet; Valie Export, die sich in ihren Performances mit der Rolle der Frau auseinandersetzt; Cindy Sherman, die durch das Konzept der Verkleidung die männliche Darstellung von Weiblichkeit mit einem feministischen Blick untersucht; oder Karin Mack, die die Rolle der Frau in ihren Fotoserien kritisch hinterfragt.

Karin Mack, Bügeltraum Nr. 4, 1975. Inkjet-Print. Albertina, Wien. c Bildrecht, Wien 2021

Die nachstehenden Aussagen der KünstlerInnen können ein Zugang zu ihrem Werk sein:

Maria Lassnig (1919- 2014): “Ich male Empfindungen vom Körper”

Arnulf Rainer (geb.1929): “Was die Übermalungen betrifft, so weiß ich heute endgültig, dass es immer ich bin, der darunter schläft”.

Jim Dine (geb. 1935): “Ich male wer ich bin, ich male was ich bin”

Georg Baselitz (geb. 1938): “Alles was Du wahrnimmst, ist eine Reflexion deiner selbst”

Günter Brus (geb. 1938): “Mein Körper ist die Absicht, mein Körper ist das Ereignis, mein Körper ist das Ergebnis”

Valie Export (geb. 1940): “Auch der Mensch ist eine Medium der Kommunikation”

Karin Mack (geb. 1940): “In meinen Arbeiten bestimmt der Inhalt die Form”

Cindy Sherman (geb. 1954): “Ich kann in meiner Kunst verschwinden”

Erwin Wurm (geb. 1954): “Ich gehe an Gesichter heran wie an Landschaften”

Eva Schlegel (geb. 1960): “Bin ich wirklich da?”

Adriana Czernin (geb. 1969): “Was mich wirklich fasziniert, ist der Sekundenbruchteil einer Bewegung”

Elke Krytufek (geb. 1970): “Ich bin euer Spiegel”

Eva Schlegel, Ohne Titel (Selbstporträt), 2013. Tinte auf Papier. Albertina Wien

Film (26min): Eine sehr gute Einführung in die Ausstellung bietet die virtuelle Ausstellungseröffnung mit Beiträgen des Direktors der Albertina, Klaus Albrecht Schröder, und der Kuratorin, Elisabeth Dutz, in der auch die Werke einzelner KünstlerInnen vorgestellt werden: https://www.youtube.com/watch?v=bzGF75qNeI0

Die Ausstellung ist bis 23. Jänner 2022 in der Albertina modern zu sehen!

Adresse: Albertina modern, Karlsplatz 5, 1010 Wien http://www.albertina.at/albertina-modern

Öffnungszeiten: tägl. 10:00 bis 18:00 Uhr

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