EUGENIE SCHWARZWALD

EUGENIE SCHWARZWALD

Der Salon in der Josefstadt

Eugenie Schwarzwald wurde am 4. Juli 1872 in Polupanowka bei Tarnopol in Galzien in der österreichisch-ungarischen Monarchie geboren. Sie ist in Czernowitz zur Schule gegangen und hat dort die Lehrerinnenbildungsanstalt absolviert. Da Frauen an den österreichischen Universitäten noch nicht zum Studium zugelassen waren, studierte sie von 1895-1900 Germanistik mit den Nebenfächern Anglistik, Philosophie und Pädagogik an der Universität Zürich und wurde 1900 zum Dr.phil. promoviert. Nach ihrer Heirat mit Hermann Schwarzwald lebte sie in Wien.

In Wien hat sie unermüdlich bis 1938 als Reformpädagogin, Sozialreformerin, Journalistin und Netzwerkerin gewirkt.

Auf ihre wesentlichen Leistungen für die Höhere Mädchenbildung
in Wien und Österreich und ihre Reformpädagogik wurde in einem Artikel ausführlich eingegangen: http://www.diequerdenkerin.at/eugenie-schwarzwald/

Eugenie Schwarzwald
(Archiv R. Streibel/VHS Hietzing)

Ab 1909 bis 1938 führte sie in ihrem Haus in der Josefstädter Straße 68 im 8. Wiener Gemeindebezirk einen Salon, eigentlich ein offenes Haus, in dem sie mit ihrer Weltoffenheit, Toleranz, Gastfreundschaft und Menschlichkeit Menschen aus den verschiedensten Bereichen, unterschiedlichen Hintergründen und mehreren Nationalitäten zusammenbrachte. Der Salon war einer der Treffpunkte des Wiener Kulturlebens, trotzdem kein elitärer Bildungsbürgersalon, sondern immer auch geprägt vom ihrem Wunsch, Menschen unterstützen zu wollen.

Die von Adolf Loos gestaltete Wohnung war über fast drei Jahrzehnte Treffpunkt wichtiger LiteratInnen, MusikerInnen, WissenschaftlerInnen, SchauspielerInnen, PolitikerInnen.

Darunter waren Robert Musil, Elias Canetti, Jakob Wassermann, Carl Zuckmayer, Rainer Maria Rilke, Thomas Mann, Klabund, Berthold Viertel, Karin Michaelis, die Musiker Arnold Schönberg, Egon Wellesz, Oskar Kokoschka, die Philosophen Georg Lukacs und Hermann Broch, Der Stasswissenschaftler Hans Kelsen, die Tänzerin Grete Wiesenthal, die Frauenrechtlerin Rosa Mayreder, die Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salome.

Treffpunkt war aber nicht nur der Salon in der Josefstadt, sondern ab 1921 im Sommer auch das Erholungsheim “Seeblick” am Grundlsee, das nicht nur ein Hotel, sondern immer auch Begegnungsstätte war.

Zu den Gästen gehörten die Literaten Egon Friedell, Alfred Döblin, Julian Huxley ,Siclair Lewis, Manes Sperber, Franz Theodor Czokor, Dorothy Thomson, die Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz, der Dirigent Wilhelm Furtwängler und der Pianist Rudolf Serkin, der Begründer der Salzburger Festspiele Max Reinhardt, die Schauspielerinnen Hansi Niese und Helene Weigel, und die späteren Widersstandskämpfer Helmut James Moltke und Hans Deichmann.

Alle Gäste waren dazu aufgefordert, zur allgemeine Unterhaltung beizutragen, so gab es Lesungen, Musikabende, Kabaretteinlagen, Vorträge und kulturell anspruchsvolle Kostümfeste.

Im Jahr 1927, waren die Delgierten eines Akedemikerinnenkongresses zu Gast, 1929 SchauspielschülerInnen. 1932 wurde im “Seeblick” die internationale vierzehntätige Sommerschule der Vereinigung “Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit” veranstaltet, bei der Alfred Adler einen Kurs über Individiualpsychologie gehalten hat.

Zentral war im Salon in der Josefstadt wie im Erholungsheim “Seeblick” immer, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen, Menschen in Verbindung zu bringen und wenn notwendig, sie in ihrem Fortkommen zu unterstützen.

Der Aufstieg der Nationalsozialisten und die Machtübernahme 1933 in Deutschland waren auch und besonders in diesem Kreis spürbar. Ab Anfang der 1930er Jahre waren es immer mehr deutsche Exilanten, die bei Eugenie Schwarzwald Unterstützung suchten und fanden. Die Verschärfung der politischen Situation in Österreich durch den Staatsstreich 1933 hatten in den folgenden Jahren auch gravierende Auswirkungen auf das Leben und Wirken von Eugenie Schwarzwald und ihren Kreis.

Nach dem Anschluss Österreichs 1938 wurde das Vermögen der Schwarzwalds durch den Stillhaltekommissar liquidiert. Das Hotel “Seeblick” wurde sichergestellt, jedoch nicht arisiert. Das Haus wurde an die Deutsche-Krieger-Wohlfahrts-Gemeinschaft verkauft, die Verkaufssumme auf ein Sperrkonto überwiesen, auf das die Schwarzwalds keinen Zugriff hatten.

Eugenie Schwarzwald konnte durch den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 nach ein Vortragsreise nach Dänemark nicht mehr nach Österreich zurückkehren und ist 1940 in Zürich gestorben.

Literatur:

Leben mit provisorischer Genehmigung. Leben, Werk und Exil von Dr. Eugenie Schwarzwald (1872-1940). Eine Chronik von Hans Deichmann. Wien 1988

Robert Streibel (Hg), Eugenie Schwarzwald und ihr Kreis. Wien 1996

Robert Streibel (Hg.), Eugenie lebt. Spekulationen über das Phänomen Eugenie Schwarzwald. Begleitbroschüre zur Sonderausstellung im Kammerhofmuseum Bad Aussee. Hg. vom Verin “ARGE Ausseer Kammerhofmuseum, Schriftenreihe des Kammerhofmuseums, Band Nr. 33, Juli 2016

Deborah Holmes, Langeweile ist Gift. Das Leben der Eugenie Schwarzwald. St. Pölten/Salzburg/Wien 2012

Vortragsfilm: Dr. Robert Streibel „Ihr Tun war pausenlos“  https://www.youtube.com/watch?v=3GdsUHfKAdc

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