Schiff Ahoi!

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Fluchtrouten im Mittelmeer und europäische Gleichgültigkeit

Immer wieder sehen und hören wir in den Medien meist sehr kurze Beiträge über Flüchtlinge auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa, über Rettungsaktionen und tödliche Zwischenfälle. Die Flüchtlingsrouten über das Meer nach Griechenland, vor allem aber nach Italien und Spanien, haben schon tausende Tote gefordert. Nach den vom Statista Research Department im Juli 2020 veröffentlichten Statistiken sind von 2014 bis Ende 2019 Flüchtlinge 19.803 im Mittelmeer ertrunken.

Die Gleichgültigkeit der Staaten der Europäischen Union angesichts dieser Flüchtlingswelle und gegenüber den Menschen, die in ihrer Verzweiflung und der Hoffnung auf ein besseres Leben eine möglicherweise tödliche Überfahrt in meist völlig ungeeigneten Booten oder seeuntauglichen Schlauchbooten nicht scheuen, ist ein Skandal. Vor allem auch deshalb, weil die katastrophalen Zustände in den Heimatländern der Flüchtlinge auf die Kolonialisierung durch europäische Länder zurückgehen – auf die Missachtung der Menschrechte der einheimischen Bevölkerung, die Zerstörung von gesellschaftlichen Strukturen, Vernichtung ganzer Kulturen und Ausbeutung der Bodenschätze. Heute so zu tun, als gingen die verheerenden Folgen ihres Handelns die europäischen Staaten nichts mehr an, als wären sie ausschließlich ein Problem Afrikas oder der Staaten des Nahen Ostens, ist ein Musterbeispiel für die Verleugnung historischer Geschehnisse, mangelndes Verantwortungsbewusstsein und fehlende Mitmenschlichkeit.

Aufgegriffen hat das Thema der wahrscheinlich bekannteste Street-Art-Künstler der Welt, Banksy (Banksy ist ein Pseudonym; bis heute ist nicht bekannt, wer sich dahinter verbirgt, ob es sich um einen einzelnen Künstler/eine einzelne Künstlerin oder um ein Künstlerkollektiv handelt).

Banksy hat den gesellschaftskritischen Werken konkrete Taten folgen lassen und mit den Erlösen der Kunstwerke ein Rettungsschiff der Organisation Sea-Watch finanziert.

Auf Banksy`s Instgram-Account hat sich Banksy mit einem Kurzvideo zu Wort gemeldet, das in den Untertiteln folgende Botschaft enthält: “Wie die meisten Leute, die es in der Kunstwelt zu etwas gebracht haben, habe ich eine Jacht gekauft, um damit im Mittelmeer zu kreuzen. Es ist ein französisches Marineschiff, das wir zu einem Rettungsboot umgebaut haben, da die EU-Behörden Notrufe von Nicht-Europäern absichtlich ignorieren.” (eigene Übersetzung)

Am 18. August 2020 ist das Rettungsschiff in Valencia unter deutscher Flagge zu seinem Einsatz im Mittelmeer ausgelaufen. Benannt wurde das Schiff nach Louise Michel (1830-1905), einer französischen Anarchistin und Feministin. Die Kapitänin ist die deutsche Aktivistin Pia Klemp.

Seit 18. August konnte mit dem Schiff mehr als 200 Flüchtlingen das Leben gerettet werden. Aber nicht nur das: durch die Verbindung mit dem weltbekannten Street-Art-Künstler wurde auch die Aufmerksamkeit der Medien wieder auf die tägliche Katastrophe im Mittelmeer gelenkt.

Banksy hat das Schiff selbstverständlich auch bemalt: in Pink und mit einem Mädchen mit Schwimmweste, das einen herzförmigen Rettungsring in der Hand hält:

Banksy, Rettungsboot M.V. Louise Michel

Links:

Guardian-Video mit Bildern des Rettungsschiffs: https://www.youtube.com/watch?v=dgJy2WyLlBo

Der Spiegel: Artikel vom 29. August 2020 https://deref-gmx.net/mail/client/FAsoBTiR5J8/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fwww.spiegel.de%2Fpolitik%2Fausland%2Ffluechtlinge-ueberfuelltes-banksy-rettungsschiff-ruft-um-hilfe-a-c6ab9f24-fad1-42fa-aa4f-56db56599856

Beitrag zu Banksy: https://www.diequerdenkerin.at/street-art/

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