Gertie Fröhlich

Gertie Fröhlich

Keine Schattenpionierin

Das Museum für angewandte Kunst widmet derzeit dem vielfältigen Werk der Künstlerin Gertie Fröhlich (1930-2020) die erste umfassende Retrospektive und würdigt gleichzeitig ihre Tätigkeit als Ausstellungmacherin und Netzwerkerin der Wiener Avantgarde. Die in fünf Kapitel gegliederte Ausstellung vermittelt anhand von Bildern, Grafiken, Plakatentwürfen und textilen Wandbehängen einen Überblick über das Schaffen der Künstlerin und die Themen, die sie in ihrem Werk aufgegriffen hat.

Geboren in der Slowakei, fand sie aufgrund der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerungsgruppe während des Zweiten Weltkrieges Zuflucht bei Verwandten in Oberösterreich. Dort besuchte sie das Gymnasium in Gmunden und die Lehrerbildungsanstalt in Vöcklabruck. Von 1949 bis 1952 studierte sie Malerei an der Kunstgewerbeschule Graz und ab 1952 an der Akademie der bildenden Künste in Wien, die sie 1955 abschloss und danach an der Akademie noch ein Meisterjahr für Bühnenbildnerei absolvierte.

Gertie Fröhlich mit Cape, 1970 Fotografie © Estate Gertie Fröhlich; Grafik: Stefan Fuhrer

Da sie gegen den Willen ihres Vaters Malerei studierte, war sie von Angang an gezwungen, mit verschiedenen Jobs selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. In den Jahren 1953 bis 1955 hatte sie einen Sommerjob bei der Katholischen Aktion, bei Monsignore Otto Maurer. Sie war es, die ihm den Kauf der Neuen Galerie vermittelte, ihn mit den ihr vom Studium her bekannten Künstlern bekannt machte und die ersten Ausstellungen organisierte und kuratierte, immer unter dem Titel “Sekretärin von Otto Maurer” (und wurde später in der Geschichte der Galerie als Initiatorin nicht mehr erwähnt). Die wichtigsten Vertreter der österreichischen Nachkriegsmoderne wie Markus Prachensky, Arnulf Rainer, Josef Mikl und Wolfgang Hollegha wurden von ihr in Ausstellungen präsentiert. Diese in Galerie nächst St. Stephan umbenannte Galerie wurde zum Treffpunkt der Wiener Avantgarden in den 1950er und 1960er Jahren.

Als sie 1956 ihre Wohnung, die gleichzeitig ihr Atelier war, im 1. Bezirk in Wien bezog, wurde diese bald zu einem Treffpunkt von KünstlerInnen der Wiener Avantgarde dieser Zeit aus verschiedenen künstlerischen Bereichen.

Gleichzeitig entwickelte sie ihre eigene künstlerische Sprache und einen von Mythologie, Geschichte, Volkskunst und handwerklicher Ikonografie beeinflussten eigenständigen Stil einer poetischen und allegorischen Bildsprache.

Gertie Fröhlich, Ich bin weit davon entfernt dir Vorwürfe machen zu wollen, aber Du bist ein Monster, 1972 Aquarell © Estate Gertie Fröhlich

Wichtige Meilensteine ihrer Karriere sind ihre Tätigkeit als für die Grafikabteilung des ORF ab 1960 und die Gestaltung des Logos, der Corporate Identity und Programmhefte für das 1964 neu gegründete Filmmuseum, für das sie bis 1984 über 100 Plakate entwerfen sollte, die ihr weit über die Grenzen hinaus Anerkennung als Künstlerin bringen sollten. Die Filmplakate wurden in Ausstellungen präsentiert und bei den Hollywood Reproter´s Annual Key Art Awards in den Jahren 1977, 1978 und 1979 sowie vom California Museum of Science and Industry ausgezeichnet.

MAK Ausstellungsansicht, 2023 GERTIE FRÖHLICH. Schattenpionierin MAK Direktion und MAK Kunstblättersaal © Stefan Lux/MA

Mitte der 1970er Jahre erhielt sie über Vermittlung des Architekten Wilhelm Holzbauer den den Auftrag der Gestaltung von textilen Wandbehängen für das Bildungszentrum St. Virgil in Salzburg. In den beiden fünf mal sechs Meter großen Werken erzählte sie mit einer besonderen Bildsprache anhand von Frauen, Naturelementen und Tieren die Heilige Schrift.

Im Jahr 1982 erfolgte die Verleihung des Preises der Stadt Wien für angewandte Kunst. In den Jahren 1982 und 1988 folgten Studienaufenthalte in Ägypten, wo sie für die zeichnerische Dokumentation der Ausgrabungen des Archäologischen Instituts tätig war. Gleichzeitig begann sie auch mit der Entwicklung ihrer Eat-Art in Form von Lebkuchenfiguren. 1985 nahm sie auf Einladung von André Heller an dem Projekt Luna Luna in Hamburg mit einem EAT-Art-Projekt teil, 1988 wurden ihre Lebkuchenfiguren in Chicago und New York ausgestellt.

Für ihre Verdienste in der Kunst wurde ihr 1993 der Professorinnentitel verliehen. Gertie Fröhlich ist 2020 in Baden bei Wien verstorben.

Gertie Fröhlich, Fliegende, 1980 Eitempera © Estate Gertie Fröhlich

Die Ausstellung ist noch bis 3. März 2024 im Museum für angewandte Kunst in Wien zu sehen!

Adresse: Museum für angewandte Kunst – MAK, Stubenring 5, 1010 Wien https://www.mak.at/museum/das_mak

Öffnungszeiten: Dienstag 10:00-21:00 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 10:00-18:00 Uhr, Montag geschlossen

Film: Zur Ausstellung erscheint der Film “Was ist denn los?. Kunst im Leben von Gertie Fröhlich”, der österreichischen Filmemacherin, Drehbuchautorin und Künstlerin Marieli Fröhlich mit Interviews von Gertie Fröhlich und ihren WeggefährtInnen, der im Rahmen der Ausstellung gezeigt wird.

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