Lichtzeichen

Lichtzeichen

Ein Gedenkprojekt in Wien

Die Lichtzeichen in Wien sollen dauerhaft an das Novemberpogrom 1938 erinnern. Die Lichtinstallationen stehen seit 2018 an ehemaligen Standorten von 25 Synagogen in 16 Bezirken in Wien, die während dieses Pogroms zerstört wurden. In den Masten ist jeweils eine Inschrift mit dem Namen der Synagoge eingraviert.

Hintergrund war eine im Jahr 2016 gezeigte Ausstellung im Museum Judenplatz zum Thema “Wiener Synagogen. Ein Memory”, mit der die Ergebnisse eines langjährigen Forschungsprojekts an der Technische Universität Wien präsentiert wurden. Der Architekt und Hochschullehrer Bob Martens, der Architekt Herbert Peter und DiplomandInnen gestalteten in dessen Rahmen virtuelle Rekonstruktionen zerstörter Wiener Synagogen. Dies war der Ausgangspunkt für die Künstlerin Brigitte Kowanz mit ihrer Klasse für Transmediale Kunst an der Universität für angewandte Kunst gemeinsam mit dem Jüdischen Museum Wien das Projekt OT zu gründen.

OT steht steht in der hebräischen Sprache für Symbol oder Zeichen. In der Klasse von Brigitte Kowanz wurden verschiedene Entwürfe angefertigt, die einer Jury vorgelegt wurden. Ausgewählt wurde das Projekt von Lukas Kaufmann. Die im Auftrag des Jüdischen Museums Wien, einem Museum der Wien Holding, angefertigten 5 Meter hohen Sternstelen zeigen einen ineinander verflochtenen leuchtenden Davidstern.

Dem für die künstlerische Gestaltung Verantwortlichen Lukas Kaufmann, war es – wie er in einem Interview im Jahr 2018 sagte – wichtig, dass man von weitem nur die geschwungenen, nicht zuordenbaren Linien erkennt und wenn man darunter steht, den Stern über sich sieht. Jeder Betrachter und jede Betrachterin soll in einer Art von Wahrnehmungschoreografie den Stern Stück für Stück erkennen.

Wie dem Ergebnis der Volkszählung aus dem Jahr 1934 zu entnehmen ist, lebten zu diesem Zeitpunkt etwa 176.000 Jüdinnen und Juden in Wien, was ein Anteil von 9,1 % der Gesamtbevölkerung entsprach. Bis 1938 hatte die jüdische Gemeinde in Wien 6 Synagogen, 18 Vereinssynagogen und 78 Bethäuser.

In der Nacht vom 9. November und am darauffolgenden Tag wurden von SS, SA, Hitlerjugend und Mitgliedern des NSDAP alle 25 Synagogen und 17 Bethäuser geplündert und zerstört. Die Synagogen wurden mit Handgranaten gesprengt und in Brand gesteckt. Die Feuerwehr war angewiesen, zwar die umliegenden Häuer zu schützen, die Synagogen jedoch abbrennen zu lassen. Rollkommandos der SS verhinderten das Löschen durch die Feuerwehr. Die anderen Bethäuser wurden ebenfalls geplündert und verwüstet und in der Folge zweckentfremdet verwendet.

Einzige Ausnahme in Wien war der Stadttempel in der Seitenstettengasse, der zwar verwüstet aber nicht in Brand gesteckt wurde, was nicht nur darauf zurückzuführen war, dass er mitten im dichtverbauten Stadtgebiet liegt, sondern auch den Grund hatte, dass die Nationalsozialisten wussten, dass sich dort die Aufzeichnungen über die jüdische Gemeinde, ihre Vereine und ihre Mitglieder befanden, auf die sie Zugriff erlangen wollten.

Antisemitismus hatte in Österreich eine lange Tradition. In der Monarchie waren es besonders Georg Heinrich Schönerer, Führer der Deutschnationalen und später der Alldeutschen Vereinigung und Karl Lueger, Gründer der Christlichsozialen Partei und später Bürgermeister von Wien, die offen antisemitisch agierten.

In der Zwischenkriegszeit duldeten und beförderten die Christlichsoziale Partei, die großdeutsche Volkspartei, der Landbund und später das austrofaschistische Regime und dessen Verbände die antisemitische Propaganda. Gemeinsam waren ihnen allen antiparlamentarische, antidemokratische, antisemitische und antisozialistische Vorstellungen, die sie in ihrer Politik umsetzten.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und der Machtübernahme der Nationalsozialisten und der Übernahme der zu diesem Zeitpunkt im Deutschen Reich bereits geltenden repressiven Gesetze setzten sofort Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung ein. Der durch Jahre geschürte Antisemitismus wurde während des durch das nationalsozialistische Regime organisierte und gesteuerte Novemberpogrom durch Gewaltmaßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung äußerst brutal ausgelebt.

In Wien waren rund 70 % der Jüdischen Bevölkerung von Hausdurchsuchungen betroffen, tausende Wohnungen wurden geplündert und die BewohnerInnen delogiert, über 4000 Geschäfte und Gewerbebetriebe größtenteils von SA-Formationen und Angehörigen der NSDAP geplündert und verwüstet, 27 Jüdinnen und Juden ermordet, 88 schwer verletzt, über 6.500 verhaftet, und mehr als 3.500 jüdische Männer in das KZ Dachau deportiert.

Mit dem Novemberpogrom 1938 begann gleichzeitig die systematische Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, ihre Ausschaltung aus dem Wirtschaftsleben, die Zerschlagung jüdischer Einrichtungen und die Vertreibung, Enteignung und Vernichtung .

Die in Wien aufgestellten 25 Stelen stehen dauerhaft als Mahnmal gegen das Vergessen und als Zeichen gegen Diskriminierung an den Standorten der ehemaligen Synagogen.

Über die Website http://www.lichtzeichen.wien/ sind ein Standortplan und Informationen über die Synagogen (bitte Namen der jeweiligen Synagoge anklicken) abrufbar. Diese Informationen enthalten den Namen der Synagoge, die Adresse, das Erbauungsjahr, das Datum der Einweihung, den Architekten, das Fassungsvermögen (Sitz- und Stehplätze), eine Beschreibung der baulichen Erscheinungsform und/oder ein Bild bzw. Foto.

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