Marianne Brandt

Marianne Brandt

Produktdesignerin am Bauhaus

Marianne Brandt (1893-1983) war eine jener Frauen, die trotz ihrer Bedeutung für das Bauhaus durch die Entwicklung modernen Produktdesigns und der zukunftsweisenden Gestaltung von Alltagsgegenständen lange Zeit keine entsprechende Würdigung erfahren haben.

Marianne Brandt wurde in Chemnitz geboren und studierte von 1911 bis 1917 an der Hochschule für Bildende Kunst in Weimar Malerei und Bildhauerei. Danach folgten Aufenthalte in Norwegen, Paris und Südfrankreich. 1919 heirate sie den norwegischen Maler Erik Brandt und zog nach Oslo. Erst im Jahr 1923 kehrte sie wieder nach Weimar zurück, wo sie im Wintersemester 1923/24 am Bauhaus zu studieren begann. Sie war die einzige Frau, die einen Abschluss in der Metallwerkstatt gemacht hat.

Porträt Marianne Brandt / Foto: unbekannt, um 1926.

Bereits während ihres Studiums wurde sie 1927 Mitarbeiterin des Werkstattleiters Laszlo Moholy-Nagy. Als dieser 1928 das Bauhaus verließ, wurde ihr interimistisch die Leitung der Werkstatt für ein Jahr übertragen. Damit war sie gemeinsam mit Gunta Stölzl die einzige Frau am Bauhaus, die eine leitende Stellung hatte. Nach einem Jahr zog sie sich von der Leitung zurück und konzentrierte sich verstärk auf Produktentwürfe.

Neben ihrer fundierten handwerklichen Kenntnisse war sie auch eine exzellente Designerin. Die Devise des Bauhauses war, dass die Form der Funktion zu folgen hat, d.h. bei der Gestaltung sich die Form aus dem Zweck der Gegenstände ableiten muss. Gleichzeitig verband das Bauhaus zunehmend Kunst und Technik, wobei die Entwürfe im Hinblick auf eine industrielle Fertigung durch einfache Formen wie Dreieck, Kugel, Kreis, Quadrat und Würfel geprägt waren.

Bereits zu Beginn ihre Studiums hat sie mit Produktentwürfen begonnen. Das Tee-Extraktkännchen aus dem 1924 gilt heute als eine Ikone modernen Designs, ihre Entwürfe für Lampen waren zukunftsweisend. Für das neue Bauhausgebäude in Dessau wurden die von ihr gemeinsam mit Hans Przemysl entworfenen Pendel- und Zugleuchten verwendet, ebenso von ihr gestaltete Deckenleuchten für die Meisterhäuser in Dessau.

Marianne Brandt, Teekessel und Tee-Extraktkännchen (1924), c Sailko CC BY-SA 3.0

Ab 1927 leitete sie Spezialversuche auf lichttechnischem Gebiet, arbeitete mit neuartigen, für die Massenproduktion geeigneten Materialien, spezialisierte sich auf die Neuentwicklung von Zweckleuchten und organisierte die Zusammenarbeit mit Firmen zur Herstellung der Bauhaus-Lampen-Modelle. Ihre Entwürfe wurden bereits während ihrer Zeit am Bauhaus von der Industrie übernommen und hergestellt. Durch die Ausstattung großer Projekte, wie des Arbeitsamtes in Dessau, einer Musterwohnung in Dessau-Törten und der Stuttgarter Weißenhofsiedlung leistete sie eine wichtigen Beitrag zur Bekanntmachung der Arbeit des Bauhauses und zur finanziellen Situation der Hochschule.

Nach erfolgreicher Beendigung ihre Studiums am Bauhaus im Jahr 1929 verließ sie das Bauhaus, da unter Direktor Hans Meyer die Tischlerei-, Wandmalerei und Metallwerkstatt zusammengelegt wurden. Sie arbeitete für sechs Monate im Architekturbüro von Walter Gropius, wo sie als Innenarchtektin für Entwürfe für Inneneinrichtungen und Möbel zuständig war; danach als Leiterin einer Entwurfsabteilung einer Metallwarenfabrik. Aufgrund der Wirtschaftskrise wurde sie 1933 arbeitslos.

Nach der Machtergreifung des Nationalsozialisten im gleichen Jahr erhielt sie als Absolventin des Bauhauses keine Aufträge mehr. Daher kehrte sie zu ihren Eltern nach Chemnitz zurück, die ihr finanzielle Absicherung boten. Obwohl nach längerer Trennung 1935 die Scheidung von ihrem Ehemann erfolgte, bot ihr die norwegische Staatsbürgerschaft, die sie aufgrund der Verehelichung erworben hatte, während der Zeit des Nationalsozialismus einen gewissen Schutz. Trotzdem hatte sie über Jahre keine Möglichkeit, ihren Beruf auszuüben. Es waren Jahre der inneren Emigration, in denen sie sich zu Beginn noch mehr der Fotografie, später dann überwiegend der Malerei widmete, wobei sie vor allem Stillleben, Landschaften und Alltagsszenen malte und gelegentlich einige Bilder ausstellen durfte.

Nach dem Krieg begann sie sich wieder an Ausstellungen in Chemnitz zu beteiligen. In den Jahren 1949 bis 1951 war sie Dozentin für Holz-, Metall- und Keramik an der Dresdner Hochschule für Werkkunst, ab 1951 bis 1954 Mitarbeiterin am Institut für industrielle Gestaltung der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Nachdem sie im Auftrag der Regierung 1953/54 die Ausstellung Deutsche Angewandte Kunst in China betreut hatte, wurde sie pensioniert und kehrte sie nach Chemnitz zurück. Sie starb 1983 in Kirchberg bei Zwickau in Dachsen.

Ihre Leistungen wurden in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik nicht anerkannt, auch deshalb, weil mit der Durchsetzung des sozialistischen Realismus auch im Design eine Ablehnung der Bauhauskunst verbunden war.

Erst Ende der 1960er Jahre begann in Westdeutschland im Zusammenhang mit der damals vorbereiteten Ausstellung zum zum Gedenken an die 50. Wiederkehr der Gründung des Bauhauses die “Wiederentdeckung” dieser bedeutenden Bauhaus-Künstlerin.

Weitere Entwürfe von Marianne Brandt sind auf folgender Homepage zu sehen: https://harvardartmuseums.org/collections/person/29462?person=29462

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