Mahlzeit

Mahlzeit

Über den Tellerrand hinaus…

Das Dom Museum Wien besitzt vielfältige Kunstsammlungen von mittelalterlicher Kunst, über Barock bis hin zur Avantgarde der Nachkriegszeit und zur Gegenwartskunst. Das Museum versteht sich als Ort, in dem gesellschaftspolitische und künstlerische Positionen zu verschiedenen Fragen aufgegriffen werden.

In der derzeit laufenden Themenausstellung „Mahlzeit“ ist es der Direktorin des Museums und Kuratorin der Ausstellung, Johanna Schwanberg, hervorragend gelungen, diesen Anspruch umzusetzen.

Die verschiedenen Aspekte des Essens, vom Essen als menschlichem Grundbedürfnis, als Genuss, Form der Geselligkeit, Möglichkeit der Repräsentation und in vielen Religionen als rituelle Handlung, und Nahrung als Gegenstand globalisierter Lebensmittelproduktion, werden in der Ausstellung in fünf Themenbereichen aufbereitet: Erstes und letztes Mahl, Sinneslust und Vergänglichkeit, Tischgemeinschaften, Alleinsein und Selbstreflexion, und Politik auf dem Teller.

Meister des Friedrichsaltars, Letztes Abendmahl, um 1440/1450, Belvedere, Wien, Foto: © Belvedere, Wien

Die für die Präsentation der jeweiligen Themenbereiche ausgewählten Kunstobjekte stammen aus unterschiedlichen Epochen, vom spätmittelalterlichen Letzten Abendmahl bis zum für die Ausstellung gestalteten Objekt. Dadurch wird auch deutlich, wie sehr Entstehungszeit, politischer, gesellschaftlicher, kultureller und religiöser Hintergrund unterschiedlichste Zugänge und Sichtweisen für die KünstlerInnen eröffnen. Dies betrifft sowohl die Inhalte der Kunstwerke, als auch die verwendeten Medien für die Umsetzung, die von Skulpturen, Gemälden, Zeichnungen, Fotografien bis zu Videoinstallationen reichen.

Das Thema „Erstes und letztes Mahl“ befasst sich mit dem Stillen, dem letzten Abendmahl Jesus mit seinen Jüngern, das im christlichen Glauben besondere Bedeutung hat, und mit dem Kreislauf des ländlichen Lebens. „Sinneslust und Vergänglichkeit“ zeigt nicht nur üppige Stillleben, sondern thematisiert auch die Lebensmittelverschwendung und die Marktmechanismen der Lebensmittelproduktion unserer Zeit. Ebenfalls zu diesem Themenkomplex gehört die sog. Eat Art. Dieser Begriff wurde für jene ab den 1960er Jahren geschaffenen Kunstwerke geprägt, die Lebensmittel und Essen als künstlerisches Material verwenden.

Abraham van Beyeren, Prunkstillleben, Mitte 1660er-Jahre, Hohenbuchau Collection, Dauerleihgabe an LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vienna, Foto: © LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna Öl auf Leinwand HB23 Banquet Still Life

Der zentrale Raum der Ausstellung ist dem Thema Tischgemeinschaften von der Renaissance bis heute gewidmet. Essen als geselliges Erlebnis, Tischsitten, religiöse Handlungen und Repräsentation sind dabei zentrale Aspekte. Die unterschiedlichen Zugänge der KünstlerInnen zeigen sich an Beispielen aus der Ausstellung, wie dem nach 1923 entstandenen Ölgemälde Tischgebet von Albin Egger-Lienz, dem Ölgemälde des Hochzeitsmahls des Großherzogs Ferdinand I von Toskana (Passignano, 1590), einem die biblische Erzählung Das Bankett der Esther darstellenden Ölgemälde von Gaetano Gandolfi (entstanden 1775-1780), dem Gemälde der Reiche Prasser von Josef Danhauser (1836) und Fotos von Einzelpersonen und Familien beim Abendessen (Lois Bielefeld, 2013-15, 2017). 

Josef Danhauser, Der reiche Prasser, 1836, Belvedere, Wien, Foto: © Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll

Das Thema „Alleinsein und Selbstreflexion“ wird ebenfalls aus verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet. Beispiele dafür sind das 1995 von Maria Lassnig gemalte Selbstporträt mit Kochtopf, das als kritischer Kommentar zur Stellung der Frau in der Gesellschaft gesehen werden kann, oder die Darstellung  der Küche als Wirkstätte,  Ort von alltäglichen Handlungen und der Geborgenheit in der Serie The Kitchen, Homage to Saint Therese von Marina Abramovic aus dem Jahr 2009. Ebenfalls dazu gehört auch das Tableau Piège, ein 1972 entstandenes “Fallenbild” von Daniel Spoerri, in dem er nach einem Essen die auf dem Tisch verbliebenen Gegenstände fixiert und damit die Situation festhält.

Maria Lassnig, Selbstporträt mit Kochtopf, 1995, Maria Lassnig Stiftung / Foundation, Maria Lassnig © Maria Lassnig Stiftung / Bildrecht, Wien 2022, Foto: Courtesy Maria Lassnig Stiftung

Besonders spannend ist der dem Thema „Politik auf dem Teller gewidmete Raum. Die Aussage „Der Mensch ist, was er isst“ ist nicht neu; diese Frage des Essens wird seit der Antike diskutiert. Heute geht es dabei um politische und ethische Dimensionen des Essens, Nahrungsmittelproduktion in einer globalisierten Wirtschaft und koloniale Ausbeutung, die Ausbeutung pflanzlichen und tierischen Lebens durch die Menschen, aber auch um Körperbilder.

Durch diese Ausstellung wird die Funktion der Kunst als Vermittlerin von uns alle betreffenden Inhalten deutlich. KünstlerInnen greifen Entwicklungen auf, gestalten in ihrer Zeit, vor ihrem gesellschaftlichen und politischen Hintergrund und aus ihrer Sicht Kunstwerke, die sie uns präsentieren – wobei der/die BetrachterIn gefordert ist, sich damit auseinanderzusetzen.  In der Ausstellung wird durch die gezeigten Kunstwerke den BesucherInnen eine Vielfalt an Eindrücken vermittelt, die durch die  Aktualität der Fragen von Ernährung, Geselligkeit, Produktionsbedingungen und Klimawandel zum Nachdenken über aktuelle Entwicklungen anregen.

Die Ausstellung ist bis 27. August 2023 im Dom Museum Wien zu sehen!

Adresse: Dom Museum Wien, Stephansplatz 6, 1010 Wien https://www.dommuseum.at/

Öffnungszeiten:

Mittwoch bis Sonntag 10:00 – 18:00 Uhr, Donnerstag 10:00 bis 20:00 Uhr

Montag, Dienstag und an gesetzlichen Feiertagen geschlossen

Dom Museum App:

kostenlos zum Download (Android und Apple)

Diese App gibt einen Überblick über die Dauerausstellung des Dom Museums Wien; im Anschluss daran findet man die sehr ansprechend gestalteten Informationen zur Themenausstellung Mahlzeit

Für BesucherInnen der Ausstellung stehen im Museum auch Leihgeräte mit diesen Informationen zur Verfügung.

Katalog:

Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog mit vertiefenden Essays erschienen: Mahlzeit. Hg. Johanna Schwanberg. Dom Museum Wien. Wien 2022

Ankündigung Ausstellung Dom Museum Wien
Kommentare sind geschlossen.