Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Bertha von Suttner

Ein Buch, vor mehr als 130 Jahren erschienen, dessen Titel “Die Waffen nieder!” heute so aktuell ist wie damals. Geschrieben von einer der bedeutendsten Friedensaktivistinnen ihrer Zeit: Bertha von Suttner. Wer war diese Frau, die ihr halbes Leben dem Pazifismus widmete, die – wie Alfred Nobel es ausdrückte – tapfer Krieg gegen den Krieg führte?

Bertha Gräfin Kinsky, 1843 in Prag geboren, war Tochter einer böhmischen Adelsfamilie. Ihr Vater, der vor ihrer Geburt verstarb, war Offizier der k.k. Armee gewesen. Sie wuchs bei ihrer Mutter auf und wurde in der Tradition der österreichischen Aristokratie erzogen. Ihre Kindheit verbrachte sie überwiegend in Brünn. Die Bildung umfasste der Zeit entsprechend Sprachen, Literatur und Musik. Die Erziehung hatten zwei Gouvernanten über, eine Französin und eine Engländerin, durch die sie sehr früh bereits diese Fremdsprache erlernte. Mit ihrer Mutter reiste sie viel, in die damals in Deutschland beliebten Bäder, nach Berlin und nach Italien, wo sie Rom und Venedig besuchte. In Venedig wurde sie auch ganz offiziell in die Gesellschaft eingeführt. War die Intention ihrer traditionellen Erziehung auf eine passende Heirat und eine angesehene Position in der Gesellschaft ausgerichtet gewesen, so wurde mit ihr auch Grundlage für ihre Tätigkeit als Schriftstellerin und dafür gelegt, dass sie als Friedensaktivistin und Vortragende zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen Zugang fand, sich in mehreren Sprachen verständigen, vielfältige Kontakte aufbauen und eine umfangreiche Korrespondenz führen konnte.

Bertha von Suttner,1906. Foto: Carl Pietzner. Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv, Fotosammlung TF-010377. WienGeschichteWiki (CC BY-NC-ND 4.0)

Ihr Vater hatte ein Vermögen hinterlassen, das aber durch die Spielleidenschaft ihrer Mutter aufgebraucht wurde. Daher musste Bertha von Suttner im Alter von 30 Jahren einen Beruf ergreifen und nahm eine Stelle als Erzieherin der vier Töchter des Freiherrn von Suttner an, die sie in Musik und Sprachen unterrichtete. In dieser Zeit entwickelte sich eine Beziehung zum Sohn der Familie, Arthur von Suttner. Diese wurde von der Familie, weil nicht standesgemäß und aufgrund des Altersunterschiedes (sie war sieben Jahre älter als Arthur) untersagt, Bertha entlassen und ihr von der Familie Suttner eine Stelle als Privatsekretärin bei Alfred Nobel in Paris vermittelt, die sie auch antrat.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris kehrte sie nach Wien zurück und heiratete Arthur von Suttner. Da die Eheschließung gegen den Willen der Eltern erfolgte, wurde dieser enterbt und das Ehepaar ging daraufhin auf Einladung einer Bekannten zuerst in den Kaukasus, danach nach Tiflis (Georgien), wo sie die nächsten neun Jahre lebten. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie sich zuerst als Sprach- und MusiklehrerIn, später wurden sie journalistisch und schriftstellerisch tätig. Arthur von Suttner verfasste Berichte über Georgien und den russisch-türkischen Krieg. Als Frau war Bertha von Suttner lang Jahre gezwungen, unter Pseudonymen (Jemand, B. Oulot) zu arbeiten um mit Redaktionen schriftlich verhandeln und ihre Beiträge unterbringen oder Bücher veröffentlichen zu können. Sie schrieb in dieser Zeit auch Fortsetzungsromane für österreichische Zeitungen. Sowohl sie als auch ihr Mann hatten mit dieser Tätigkeit Erfolg. Nach dem Tod ihrer Mutter und der Aussöhnung mit den Eltern ihres Mannes kehrten sie nach Österreich zurück und zogen in das Familienschloss der Suttners in Harmannsdorf in Niederösterreich.

Bertha von Sutter setzte in Österreich ihre journalistische Tätigkeit fort, wobei sie sich zunehmend mit sozialen Themen und Fragen des Pazifismus befasste. Bereits 1887 hatte sie Kontakt zu der Friedensorganisation “International Arbitration and Peace Association” in London aufgenommen. Schon zwei Jahre später, 1889, erschien das Buch, mit dem sie internationale Bekanntheit erlangen sollte “Die Waffen nieder!”. Den Titel hat sie selbst ausgewählt. “Der Titel umfasst in drei Worten den ganzen Zweck des Buches”, schreibt sie in ihren Lebenserinnerungen.

In diesem Buch beschreibt sie aus der Sicht einer aus Wien stammenden Gräfin deren Lebensgeschichte vor dem Hintergrund von vier Kriegen und deren Auswirkungen auf deren Familie. Sie thematisierte in diesem Roman aber nicht nur die Frage des Krieges, sondern auch die Rolle der Frauen in der Gesellschaft. Das Buch erschien bis 1905 bei mehreren deutschsprachigen Verlagen in 37 Auflagen (!) und wurde in mehr als 15 Sprachen übersetzt. Bereits 1892 wurde ein englischsprachige Ausgabe vorgelegt, es folgten Übersetzungen ins Italienische (1887) , Französische (1899) und Spanische (1905); weitere Übersetzungen in andre Sprachen wie ins Tschechische, Schwedische, Norwegische, Finnische und Dänische folgten. Damit wurde das Buch zum zentralen Werk der Antikriegsliteratur dieser Zeit. Für alle die das Buch oder einzelne Kapitel lesen möchten, ist der Inhalt im Internet abrufbar: https://www.projekt-gutenberg.org/suttner/waffenni/waffenni.html

Nach dem Erscheinen dieses Buches begann ihr Einsatz für die Friedensbewegung, die bis zu ihrem Lebensende andauern sollte. Nach der Veröffentlichung eines Artikels in der Neuen Freien Presse, in dem sie die Gründung einer Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde forderte, kam es 1891 zur Gründung dieser Gesellschaft, deren Präsidentin sie bis 1914 blieb. Im gleichen Jahr wurde sie zur Vizepräsidentin des Internationalen Friedensbüros gewählt; 1892 unterstützte sie die Gründung der Deutschen Friedensgesellschaft. In den folgenden Jahren nahm sie aktiv an den internationalen Friedenskonferenzen teil und war an den Vorbereitungen zur Ersten Haager Friedenskonferenz in Den Haag zur Abrüstung und Entwicklung von Grundsätzen für die friedliche Beilegung internationaler Konflikte beteiligt, zu der sie als einzige Frau zugelassen war. Gleichzeitig gab sie gemeinsam mit Alfred Hermann Fried von 1892-1899 die Zeitschrift “Die Waffen nieder! Monatsschrift zur Förderung der Friedensbewegung” heraus.

Als ihr Ehemann, der sie in ihrer Arbeit unterstützt hatte, im Jahr 1902 starb, musste der Gutshof in Harmannsdorf versteigert werden; Bertha von Suttner übersiedelte nach Wien. 1902 wurde sie Vorsitzende der Friedenskommission des Bundes österreichischer Frauenvereine und war auch im Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen tätig. Bertha von Suttner bekannte sich zu den Zielen der Ersten Frauenbewegung, war in ihrem Rahmen jedoch ausschließlich für die Friedensbewegung aktiv. 1904 war sie eine der wichtigsten Teilnehmerinnen der Internationalen Frauenkonferenz” des Internationalen Frauenrates, der Dachorganisation von national organisierten Frauenbewegungen (International Council of Women) in Berlin.

Anlässlich der 1904 stattfindenden Weltfriedenskonferenz in Boston, Massachusetts, bereiste sie für sieben Monate die Vereinigten Staaten, hielt über 100 Vorträge und wurde von Präsident Theodore Roosevelt ins Weiße Haus zu einem Gespräch geladen (Kaiser Franz Josef hat die Friedensaktivistin übrigens nie empfangen).

Als öffentliche, internationale Anerkennung ihres Wirkens erhielt sie am 10. Dezember 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis. Dessen Entstehung hatte sie selbst bei Alfred Nobel angeregt; verliehen wurde er erstmals 1901.

Nach der Teilnahme an der Zweiten Friedenskonferenz in Den Haag (1907) begann sie verstärkt auf die Gefahren der Aufrüstung und die Auswirkungen einer industrialisierten Kriegsführung hinzuweisen. Denn – wie sie in ihren Memoiren geschrieben hat: “Was sollen denn die “Lebens”angelegenheiten sein, die sich am besten durch hundertausendfaches Totschlagen fördern lassen?” 1912 führte sie eine weitere Vortragsreise in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie in über 50 Städten Vorträge hielt.

Für September 1914 hatte sie den nächsten (21.) Weltfriedenskongress in Wien geplant und war mitten in den Vorbereitungen, als sie am 21. Juni 1914 starb – eine Woche vor dem Attentat in Sarajewo und 5 Wochen vor Ausbruch des 1. Weltkrieges am 28. Juli 2014 durch die Kriegserklärung Österreichs – ein Weltkrieg, von dem Sie bis zuletzt gehofft hatte, dass er vermieden werden könnte.

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