Sklavenhandel

Sklavenhandel

…auch eine europäische Geschichte

Eine der bedeutendsten Gedenkstätten zum Sklavenhandel und seiner Abschaffung wurde 2012 in Nantes, Frankreich, eröffnet. Die von Krzysztof Wodiczko and Julian Bonder gestaltete Gedenkstätte ist der Geschichte des Sklavenhandels, aber auch dem gegenwärtigen Kampf gegen Menschenhandel gewidmet.

Es ist ein Denkmal, das uns alle an ein dunkles Kapitel der europäischen Geschichte erinnert. EuropeärInnen zeigen meist reflexartig in Richtung Amerika, wenn es um den Sklavenhandelt geht. Doch die Geschichte des Sklavenhandels ist engstens mit Europa und seinen Kolonien und mit dem transatlantischen Warenhandel verbunden, der von den Herrschern aktiv unterstützt wurde.

Die Europäer haben den Sklavenhandel nicht erfunden. Als die Portugiesen im Jahr 1445 ihren ersten Handelsposten auf einer Insel vor Mauretanien errichteten, gab es auf dem afrikanischen Kontinent bereits Sklavenhandel, sowohl innerhalb Afrikas, als auch in Richtung Mittlerer Osten, Indien, China und Indonesien. Die Europäer haben jedoch den transatlantischen Sklavenhandel aufgebaut und über Jahrhunderte betrieben. Durch die Entdeckungen der frühen Neuzeit und die Schaffung von Kolonien waren viele der europäischen Mächte zu Kolonialherren geworden. Damit erfolgte nicht nur die Inbesitznahme der „entdeckten“ Länder und deren ökonomische Ausbeutung, sondern auch der dafür erforderliche Aufbau einer militärischen und zivilen Verwaltung und des Warenhandels mit Europa, der von den Herrschenden dieser Zeit aktiv unterstützt wurde.

Da vom Sklavenhandel nicht nur die Handelshäuser und -städte profitierten, von den Kaufleuten über die Schiffswerften bis hin zu den Manufakturen, die Güter für den Export lieferten, sondern auch die Kolonien, wurde der Sklavenhandel von den Kolonialmächten massiv unterstützt. Beispielsweise hat Kaiser Karl V. bereits 1517 den Sklavenhandel der Spanier für ihre spanischen Kolonien in Südamerika gestattet. Ludwig XIV hat mit einem als „Code Noir“ bekannt gewordenen Edikt 1685 eine gesetzliche Regelung des Sklavenhandels für die französischen Kolonien unterfertigt.

Da die Auswanderer zur Bewirtschaftung ihrer Güter bzw. Plantagen Arbeitskräfte benötigten, war auch die Nachfrage gegeben, die durch die Einwanderung aus Europa nicht gedeckt werden konnte. Der Sklavenhandel war zuerst in der Hand privilegierter Handelskompagnien, erst im 17. Jahrhundert übernahmen zunehmend private Kaufleute den Handel.

Dieser erfolgte sowohl auf direktem als auch auf indirektem Wege; der sog. „atlantische Dreieckshandel“ spielte dabei vom späten 16. bis zum frühem 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Es waren drei Stationen, die eine geschlossene Kette bildeten.

Aus Europa wurden Waffen, Stahl- und Bronzebarren, grobes Tuch, Wein und Manufakturwaren an die westafrikanische Küste exportiert. Mit dem Erlös wurden Sklaven von lokalen Händlern gekauft. Diese wurden in die Karibik oder nach Amerika gebracht. Mit den Mitteln aus dem Verkauf der Sklaven wurden Güter für den Import nach Europa gekauft wie z.B. grober Rohrzucker, Rum, Melasse, Kaffee, Kakao, Baumwolle.

Von europäischen Häfen gingen über 27.230 sog. „Sklavenexpeditionen“ aus. Insgesamt wurden von 1501 bis 1866 12,5 Millionen Menschen von Afrika nach (Nord- Mittel- und Süd-) Amerika und in die Karibik deportiert; davon haben 1, 5 Millionen Menschen die zwei Monate dauernde Überfahrt nicht überlebt.

Als Beispiele sollen hier Handelsstädte aus Goßbritannien, den Niederlanden, Dänemark, Frankreich, Spanien und Portugal genannt werden, die ihren Reichtum und Wohlstand ganz wesentlich auch dem Sklavenhandel verdanken (die Zahlen in Klammern nennen die Anzahl der Sklaven):
London (1.081.000), Bristol (565.000), Liverpool (1.403.000), die niederländischen Hafenstädte (398.000), Le Havre (143.000), St. Malo (73.000), Nantes (550.000), La Rochelle (178.000), Bordeaux (135.000),
Lissabon (338.000), Cádiz (53.000), Sevilla (74.000).
(Quelle: Trans Atlantic Slave Trade Database slavevoyages.org )

Durch die Vielzahl von Profiteuren und die Unterstützung durch die Herrschenden war der von den Idealen der Aufklärung geprägte Kampf um die Abschaffung des Sklavenhandels eine äußerst langwieriger.  Ein Faktor, der für den Erfolg des Kampfes letztlich auch ausschlaggebend war, waren die durch die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert veränderten Produktionsbedinungen.

Im Zuge der französischen Revolution, mit der Allgemeinen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte erfolgte 1794 im Konvent die Abschaffung der Sklaverei in allen französischen Kolonien – allerdings wurde der der Sklavenhandel auf der Grundlage der vor 1789 bestehenden Gesetze im Jahr 1802 durch Napoleon Bonaparte wiedereingeführt. 1806 hat Großbritannien sein Staatsbürgern die Mitwirkung am Sklavenhandel verboten, ein Verbot des Sklavenhandels in den britischen Kolonien folgte erst 1833; 1814 folgten die Niederlande.

1815 haben im Annex Nr. 15 der Schlussakte des Wiener Kongresses Österreich, Großbritannien, Frankreich, Portugal, Russland und Schweden die Abschaffung des Sklavenhandels vereinbart.

Trotzdem sollte die Umsetzung noch Jahrzehnte dauern. Beispielsweise wurde der Sklavenhandel in den britischen Kolonien erst 1833, in Frankreich 1848, in Spanien 1866, in Portugal 1869, verboten.

Im Jahr 1926 wurde im Rahmen des Völkerbundes von 44 Staaten ein Staatsvertrag zur Abschaffung der Sklaverei und des Sklavenhandels geschlossen.

Es sollte bis zum Jahr 1948 dauern, als mit der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, folgender Text angenommen wurde:„Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten. “(Artikel 4)

Der Kampf gegen den Sklavenhandel mag Geschichte sein. In der Gegenwart zeigt er aber sein Gesicht in Form des Menschenhandels (wie beispielsweise Frauen als Prostituierte, Kinder als billige Arbeitskräfte) – und dieser Kampf ist noch lange nicht zu Ende.

 

 

 

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