Amedeo Modigliani

Amedeo Modigliani

Pariser Avantgarde nach 1900

Amedeo Modigliani (1884-1920), einem der bedeutendsten Avantgardekünstler der klassischen Moderne, ist derzeit eine Retrospektive in der Wiener Albertina gewidmet. Der Stellenwert dieses Künstlers und seines Werks als Teil der künstlerischen Avantgarde in den Jahren 1906 bis 1920 wird in dieser Ausstellung in Bezug zu seinem Umfeld und den Kunstströmungen seiner Zeit gezeigt.

Paul Guillaume Modigliani in seinem Atelier, 1915. Musée de l’Orangerie, Paris, RMN – Grand Palais. Foto: Archives Jean Bouret

Amedeo Modigliani wurde 1884 in Livorno geboren und geht dort in die Schule. Bereits 1898 verlässt er nach einer scheren Erkrankung mit der Erlaubnis seiner Eltern die Oberschule und besucht eine private Kunstschule. Danach studiert er ab 1902 an den Kunstakademien von Florenz und Venedig Malerei. 1906 geht er nach Paris, damals internationales Kunstzentrum und vor allem Zentrum der künstlerischen Avantgarde.

In Paris steht er in regem Austausch mit anderen Künstlern, die sich von den Konventionen der Akademie und der Salonmalerei des 19. Jahrhunderts abwandten und nach neuen Wegen in der Kunst suchten, darunter Künstlerkollegen wie Pablo Picasso, Constantin Brancusi und Andre Derain, deren Werke ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind.

Eine besondere Entwicklung im Bereich der Kunst wurde durch die Auseinandersetzung mit der Kunst prähistorischer Gesellschaften in Griechenland, früher Steinskulpturen, die auf den Kykladen in Griechenland seit 3.000 v. Chr. entstanden sind, und der Kunst anderer Kulturen angestoßen. Kunst aus Afrika, Asien und Ozeanien war durch den Kolonialismus in Europa, besonders auch in Frankreich, durch Ausstellungen bekannt. Wichtig bei der Beschäftigung mit der Kunst anderer Kulturen war, dass die Schöpfer dieser Werke – selbst wenn sie damals von der Gesellschaft als “primitiv” bezeichnet wurden – von den Künstlern selbst immer als ebenbürtige Künstler gesehen wurden. Deren Werke waren für sie eine Quelle der Inspiration, die Aufnahme der Formen der Kunstwerke und die Integration in das eigene künstlerische Schaffen durch Vereinfachung und Stilisierung der Formen war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein grundlegendes Thema der Kunst der Avantgarde, die wieder die Kunst des 20. Jahrhunderts wesentlich beeinflusst hat.

Amedeo Modigliani, Kopf, 1913. Kalksandstein
© bpk / Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Bei Modigliani zeigt sich die intensive Beschäftigung mit diesen Formen besonders in seinen Steinskulpturen, die er in den Jahren 1909 bis 1914 schuf. Die strenge Form seiner Steinskulpturen behält er später auch in seiner Malerei bei. Auf der Suche nach zeitloser Schönheit ist er durch seine Porträts und Frauenakte besonders bekannt geworden. Geprägt durch die italienische Malerei, die Beschäftigung mit der archaischen Kultur Griechenlands, Kulturen anderer Kontinente und der ständigen Auseinandersetzung mit neu entstehenden Kunstströmungen, wie dem Fauvismus und dem Kubismus, entwickelte er in kontinuierlicher Arbeit seinen eigenen, unverkennbaren Stil.

“Seine Bilder besitzen eine unendliche Würde und Vornehmheit. Man wird in ihnen nichts Gewöhnliches, Grobes oder Banales finden.” (M. de Vlaminck)

Amedeo Modigliani Mädchen mit rotem Haar, 1918. Öl auf Leinwand, Privatbesitz

Am Ende des Ersten Weltkrieges ging Modigliani wegen des drohenden Einmarsches deutscher Truppen in Paris und aus gesundheitlichen Gründen gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, Jeanne Hebuterne, nach Südfrankreich, wo in Nizza auch seine Tochter geboren wurde. Erst ein Jahr später kehren sie wieder nach Paris zurück. Dort verschlechtert sich seine Tuberkuloseerkrankung und Amedeo Modigliani stirbt im Jänner 1920 in der Pariser Charité.

Bereits ab 1907 konnte Modigliani erste Ausstellungsbeteiligungen seiner Werke aufweisen; 1912 präsentierte er seine im Salon d´ Automne Steinskulpturen. Im Jahr 1917 gab es eine einzige Einzelausstellung seiner Werke in der Galerie Berthe Weill in Paris, die jedoch wegen der ausgestellten Frauenakte “wegen Verletzung des Anstands” von der Polizei geschlossen wurde. Während heute seine Bilder zu dreistelligen Millionenbeträgen gehandelt werden, konnte Modigliani während seines kurzen Lebens vom Verkauf seiner Bilder kaum Leben und war immer wieder auf die Unterstützung von Freunden angewiesen.

Mit Beharrlichkeit hat er trotz schwieriger Lebensverhältnisse, Armut und Krankheit seinen künstlerischen Weg des Strebens nach der Verwirklichung von Harmonie und Schönheit verfolgt. Sein Werk umfasst etwa 420 Gemälde, rund 1000 Zeichnungen und 25 Skulpturen.

Amedeo Modigliani Junger Mann mit Mütze, 1918. Öl auf Leinwand © Detroit Institute of Arts / Bridgeman Images

In der Ausstellung sind 80 Werke – Zeichnungen, Skulpturen und Bilder – von Amedeo Modigliani zu sehen, die mit Werken seiner Zeitgenossen und Künstlerfreunde, Pablo Picasso, Andre Derain und Constantin Brancusi in Beziehung gesetzt werden. Mit der Veranschaulichung durch diese Werke wird auch dem Untertitel der Ausstellung “Revolution des Primitivismus” Rechnung getragen, da damit die von der Kunst anderer Kulturen beeinflusste neue Formensprache sichtbar wird.

Die Ausstellung ist bis 9. Jänner 2022 zu sehen!

Adresse: Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien http://www.albertina.at

Öffnungszeiten: täglich 10:00 – 18:00 Uhr, Mittwoch und Freitag 10:00 -21:00 Uhr

Begleittexte: Für eine vertiefende Beschäftigung mit A. Modigliani wurden Begleittexte zur Ausstellung veröffentlicht: http://www.modigliani.albertina.at

Film: “Modigliani. Die Revolution des Primitivismus” (24 min): Zur Ausstellung wurde eine virtuelle Eröffnung mit Einführungen des Generaldirektors der Albertina, Klaus Albrecht Schröder, und des Kurators der Ausstellung, Marc Restellini, veröffentlicht https://www.youtube.com/watch?v=nE4u2-bWfGc

Amedeo Modigliani, Selbstbildnis als Pierrot, 1915. Öl auf Karton © Statens Museum for Kunst, Kopenhagen
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