Aufgepasst!

Aufgepasst!

Verantwortung vs. Machtgehabe

In den letzten Wochen erfolgten durch die Einschränkung der Erwerbsfreiheit, der Versammlungsfreiheit, der Bewegungsfreiheit und persönlichen Freiheit in Österreich die weitgehendsten Eingriffe in die Grundrechte seit Gründung der 2. Republik.

Diese Eingriffe erfolgten durch eine Vielzahl von Gesetzesänderungen und Verordnungen, deren Inhalt meist nur rudimentär kommuniziert wurde. Dadurch wurde einer massiven Verunsicherung der Bevölkerung Tür und Tor geöffnet, da oft nicht mehr klar war, was nun wann und wo erlaubt ist oder doch nicht. Zur allgemeinen Verwirrung hat zusätzlich beigetragen, dass auch bei Lockerungen widersprechende Botschaften verbreitet wurden. Damit wurde eine Mentalität gefördert, durch die in einer Gradwanderung zwischen Achtsamkeit und Denunziantentum angebliche oder vermutete Verstöße gegen Vorschriften zur Anzeige gebracht wurden.

Grundsätzlich war es so, dass die massiven Eingriffe in unsere Grundfreiheiten, vor allem in das Recht auf auf Bewegungsfreiheit, von vornherein nicht nur dadurch durchsetzbar waren, dass sich die Menschen selbst an diese Vorgaben hielten, sondern auch durch die von der Regierung intendierte “Mithilfe” von verantwortungsbewussten BürgerInnen.

Nach meinen Informationen gab es in den letzen Wochen in Österreich doppelt so viele Anzeigen wegen des vermuteten Verstoßes gegen die von der Regierung verordneten Massnahmen als tatsächliche Krankheitsfälle aufgrund des Corona-Virus. Daher ist es angebracht, die Auswirkungen dieses Handelns auf das Zusammenleben in unserer Gesellschaft nachzudenken und diese Vorgangsweise zu hinterfragen.

Manchmal war es verantwortungsbewusstes Handeln, oft gut gemeint, das sich meist dadurch auszeichnete, dass das Problem persönlich angesprochen wurde. In anderen Fällen war es von Angst geleitet, aber es gab auch Fälle von Mitmenschen, deren Handeln von Missgunst und bösartigem Machtgehabe bestimmt war.

In diesem Zusammenhang ist in den Medien immer wieder auch von Blockwartmentalität die Rede. Dem sog. “Blockwart” wurde schon durch den Kabarettisten Helmut Qualtinger im Stück” Der Herr Karl” ein “Denkmal” gesetzt. Daran schließt sich die Frage an: was war eigentlich ein Blockwart?

Vorauszuschicken ist, dass der Blockwart kein Mitläufer war, sondern wichtiger Teil des gesamten Partei-, Macht-, Unterdrückungs- und Vernichtungsapparates des Dritten Reichs. In der Nationalsozialistischen Partei waren die Blockleiter Funktionäre, die am unteren Ende der Hierarchie standen; nach dem Reichs-, Gau-, Kreis-, Ortsgruppen- und Zellenleiter. Umgangssprachlich als „Blockwart“ bezeichnet, stand er/sie zwar am untersten Ende der Parteihierarchie, war aber durch seine Funktionen der Überwachung und Unterdrückung zentral für Sicherung der der Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes.

Er/sie war in einem überschaubaren Wohnbereich tätig, der lt. Wikipedia in der Stadt rund 40-60 Wohnungen, am Land mehrere Bauernhöfe, Handwerksbetriebe und Arbeiterhäuser überwachte.

In seinem Beitrag “Der Blockwart. Die unteren Parteifunktionäre im nationalsozialistischen Terror- und Überwachungsapparat” in den Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Jg. 48/2000, Heft 4, zeigt Detlef Schmiechen-Ackermann, dass sich anhand des überlieferten Quellenmaterials vier Handlungsfelder zeigen: Der „Blockwart” als Propagandist der NS-Ideologie, als Instrument der politischen Überwachung, als Instrument der NS-Rassenpolitik und als Organisator der „inneren Front”. In seiner Untersuchung hat er nachgewiesen, dass “die „Blockwarte” zwar nur das unterste, aber gleichwohl ein unverzichtbares Glied des Verfolgungsapparates darstellten”. Sie waren “die „Aktivisten und Propagandisten“ der Hitler-Diktatur, die Zuträger und die Assistenten des NS-Terrors.” Denunziation war im Nationalsozialismus ein wichtiges herrschaftssicherndes Instrument, für das der Blockwart zuständig war, der – neben den zur Denunziation bereiten Nachbarn – besonders für jene Personen, die dem Nationalsozialismus distanziert gegenüber standen, eine Gefahr darstellte, da dieser durch seine Meldung den Mechanismus eines hocheffizienten Verfolgungsapparates in Gang setzen konnte.

Warum dieser Rückblick in die Geschichte? Weil er deutlich macht, dass es beachtenswerte Unterschiede zwischen verantwortungsbewussten BürgerInnen und selbsternannten “Hilfssheriffs” gibt.

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