Berthe Morisot

Berthe Morisot

Impressionistin der ersten Stunde

Die künstlerische Avantgarde des ausgehenden 19. Jahrhunderts war die heute als “Impressionisten” bekannte Gruppe von MalerInnen. Ursprünglich wurde von Edouard Manet, Pierre-Auguste Renoir, Alfred Sisley, Paul Cezanne, Berthe Morisot , Edgar Degas, Camille Pissarro und anderen KünstlerInnen die “Societe Anonyme Cooperative des Artistes Peintres, Sculpteurs, Graveurs” 1873 als eine Vereinigung gegründet, die ihnen die Möglichkeit bieten sollte, unabhängig vom Pariser Salon ihre eigenen Ausstellungen zu machen und ihre Kunstwerke zu präsentieren. Denn zu dieser Zeit war die Aufnahme von eingereichten Werken in die sog. “Pariser Salons”, den an der akademischen Tradition orientierten offiziellen Ausstellungen französischer Kunst, auschlaggebend für Erfolg von Künstlern. Die künstlerische Avantgarde musste in den 1880er Jahren daher eigene Wege finden, ihre Werke der Öffentlichkeit vorzustellen.

Berthe Morisot, um 1872

Berthe Morisot, die sich zu dieser Zeit bereits einen Namen als Künstlerin gemacht hatte, wurde von Edgar Degas eingeladen, Gründungsmitglied dieser Vereinigung dabei zu werden. Die Bezeichnung “Impressionisten” war zuerst als spöttische Bezeichnung der Gruppe durch einen Kritiker verwendet worden, der diesen Begriff von dem in der ersten Ausstellung der Gruppe im Jahr 1874 ausgestellten Gemälde von Claude Monet “Impression, Sonnenaufgang” (Morgenstimmung im Hafen von Le Havre, 1873) ableitete. Edgar Degas hatte sie eingeladen, an dieser ersten Ausstellung der Gruppe 1874 teilzunehmen. Bis 1886 fanden 8 Ausstellungen der Gruppe statt, wobei sie an sieben Ausstellungen teilnahm und jeweils mit 10 bis 20 Werken vertreten war.

Wer war diese Künstlerin, deren Werk völlig zu unrecht lange Zeit in Vergessenheit geraten war? Bethe Morisot wurde 1841 in Bourges, Frankreich, in eine wohlhabende bürgerliche Familie geboren und wurde gemeinsam mit ihren zwei Schwestern von einem Kindermädchen erzogen und Privatlehrern unterrichtet. Sie erhielten die typische Erziehung für höhere Töchter, in Konversation, Musik, Zeichnen und Handarbeiten, zur Vorbereitung auf ihre spätere Aufgaben als Ehefrauen und Mütter. Berthe und ihre Schwester Edma zeigten früh bereits großes Talent. Da ihnen als Frauen der Zugang zur Ecole des Beaux Arts nicht gestattet war (erst 1897 wurden dort auch Frauen zugelassen) erhielten sie privaten Kunstunterricht und studierten alte Meister im Louvre. Später lernten Berthe und Edma Morisot beim dem angesehenen Landschaftsmaler Camille Corot die Freilichtmalerei kennen. Bereits 1864 und 1865 hatten sie Werke beim Pariser Salon eingereicht, die angenommen wurden.

Ihre Eltern unterstützten den Wunsch von Berthe Morisot, Künstlerin zu werden und richteten den Töchtern ein Atelier ein, wobei Edma ihre künstlerische Tätigkeit jedoch nach ihrer Heirat 1869 aufgab. Die Abendgesellschaften ihrer Mutter boten zudem Gelegenheit zum Austausch mit anderen Künstlern, Literaten und Musikern. Da Frauen des Bürgertums damals immer nur mit “Anstandsdame” oder Begleitung unterwegs sein durften, waren diese Gesellschaften eine Möglichkeit, Künstler und Ideen kennenzulernen.

Wie schwer Künstlerinnen um ihre Anerkennung kämpfen mussten zeigt folgender Ausspruch von Berthe Morisot: “Ich glaube nicht, dass ein Mann jemals eine Frau wie seinesgleichen behandelt hätte. mehr hätte ich nicht verlangt. denn ich weiß, dass ich genauso viel Wert bin wie die Männer”.

Da sie derselben Schicht angehörten, traf sie 1868 Edouard Manet, der ihre Arbeit förderte, wobei jedoch beide voneinander lernten. Über ihn lernte sie seinen jüngeren Bruder Eugene Manet kennen, den sie im Jahr 1874 heiratete. Es war immer ihr erklärtes Ziel gewesen, trotz Eheschließung als Künstlerin tätig zu sein. In Eugene Manet (1833-1892) fand sie einen Ehemann, der sowohl die finanziellen Mittel als auch das Verständnis für die Tätigkeit seiner Frau hatte und sie unterstützte. Ihre Tochter Julie wurde 1878 geboren. Die Geburt ihres Kindes war auch der Grund dafür, dass sie an der Kunstausstellung 1879 der Impressionisten nicht teilnahm.

Berthe Morisot, Eugene Manet und seine Tochter Julie im Park von Bougival. 1881. Musee Marmottan, Paris. Wikipedia

In ihren Werken hat sie ihren Eindruck, ihre Impression, des Lebens festgehalten. Entsprechend der Devise der Impressionisten, das moderne Leben ihrer Zeit zu zeigen, Augenblicke einzufangen und mit Licht und Farben zu experimentieren, hat sie ihre Motive gewählt. Es sind Frauen jeden Lebensalters in ihrem Lebensumfeld, Kinder, Menschen auf dem Lande und am Meer, Landschaften, Blumen und Stillleben.

Im Laufe ihres Lebens hat sie Ölgemälde, Aquarelle, Pastellbilder, Zeichnungen und Radierungen geschaffen, insgesamt wissen wir von rund 850 Werken. Signiert hat sie alle ihre Werke mit Berthe Morisot. Bemerkenswert ist, dass ihr Werk über die Jahre eine ständige Weiterentwicklung zeigt bis hin zum Symbolismus und schon in Richtung hin zur Abstraktion.

Berthe Morisot, Selbstbildnis 1889. Musee Marmottan, Paris. Datei: Berthe Morisot – Autoportrait – Musée Marmottan-Monet.jpg – Wikipedia

Als sie im Alter von 54 Jahren 1895 in Paris starb, bereiteten Claude Monet, Edgar Degas und Pierre-Auguste Renoir gemeinsam eine Gedächtnisausstellung mit rund 400 ihrer Werke vor, wobei sie die Werke selbst auswählten, zusammenstellten und über ihre Hängung entschieden. Den Katalog zu dieser Ausstellung, die im Jahr 1896 stattfand, verfasste der Dichter Stephane Mallarme.

In der Kunstgeschichte wurde die einzige Frau unter den BegründerInnen des Impressionismus bereits ab der Wende zum 20. Jahrhundert nicht mehr erwähnt, in Lexika als zweitrangig betrachtet. Da sich ihre Werke weitgehend in Privatsammlungen befanden und aus diesem Grund öffentlich kaum präsent waren, sollte es bis in die 1970er und 1980er Jahren dauern, bis englische und amerikanische Kunsthistorikerinnen begannen, die Bedeutung ihres Werkes wieder zu entdecken. Im Jahr 2018 veranstaltete die Barnes Foundation in Philadelphia die erste Retrospektive in den USA, 2019 fand eine große Ausstellung im Musee d’Orsay in Paris statt. Aufgrund einer Schenkung ihrer Enkel befindet sich heute eine große Sammlung von Werken von Berthe Morisot (fünfundzwanzig Gemälde, fünfundsechzig Aquarelle, Pastelle und Zeichnungen) im Musee Marmottan in Paris.

Links:

Berthe Morisot: 315 Gemälde in chronologischer Reihenfolge 1858 – 1894 https://www.youtube.com/watch?v=ljHeJ5LY8q4

Musee Marmottan Paris: https://www.marmottan.fr/collections/berthe-morisot/

Informationen zu weiteren Impressionistinnen:

Marie Bracquemond: https://www.diespurensucherin.at/?s=Marie+Bracquemond

Mary Cassatt: https://www.diespurensucherin.at/?s=Mary+Cassatt

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