Spaziergang I

Spaziergang I

Auf den Spuren von Gustav Klimt und Emilie Flöge

Dieser Beitrag ist der Beginn der neuen Reihe “Spaziergänge”. Diese Spaziergänge sollen dazu anregen, hinauszugehen, Bewegung zu machen, die Stadt zu Fuß zu erobern und die Umgebung bewusst wahrzunehmen. Während es manchmal ganz angenehm ist, einfach so draufloszugehen, können Beschreibungen dazu ermuntern, einmal andere Wege zu gehen.

Die Spaziergänge in Wien sind so angelegt, dass sie zu jeder Jahreszeit möglich sind und man sie jederzeit abkürzen und/oder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen kann. Ausgangs- und Endpunkte befinden sich immer an Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln. Neben der Wegbeschreibung zu den einzelnen Stationen der Spaziergänge gebe ich auch jeweils ein ungefähre Gehdauer an und eine ungefähre Gesamtdauer des Spaziergangs, die sich letztlich aber selbstverständlich nach der jeweils eigenen Gehgeschwindigkeit richten wird.

Der erste Spaziergang ist ein Spaziergang auf den Spuren von Gustav Klimt und Emilie Flöge.

Er führt von der Mariahilfer Straße/Ecke Schottenfeldgasse im 7. Wiener Gemeindebezirk bis zum Gebäude der Wiener Secession im 1. Bezirk.

Gehzeit: etwa 50 Minuten

Ausgangpunkt: Ecke Mariahilfer Straße/Ecke Schottenfeldgasse gleich beim Aufgang der U-Bahn-Station Zieglergasse (U 3).

Station I: Westbahnstraße 36: Vom Ausgangspunkt geht es die Schottenfeldgasse entlang bis zur Westbahnstraße (Gehzeit: rund 10 Minuten). Biegt man links in die Westbahnstraße ein, sieht man nach ein paar Metern auf der gegenüberliegenden Seite das Haus Westbahnstraße 36.

Gustav Klimt (1862-1918) wurde im Wiener Vorort Baumgarten geboren. Sein Vater war Vergolder, der die Familie nur mühsam durchbringen konnte. Ende der 1860er Jahre zog die Familie in die Josefstadt, dann Rudolfsheim-Fünfhaus. Ab den 1870er Jahren wohnte sie an verschiedenen Adressen im 7. Wiener Gemeindebezirk Neubau, da durch die angespannte finanzielle Lage mehrmalige Übersiedlungen notwendig waren. Nach dem Tod seines Vater zog Gustav Klimt mit seiner Mutter, seinem Bruder Georg und seinen Schwestern Klara und Hermine 1894 in die Wohnung in der Westbahnstraße, wo er bis zu seinem Tod 1918 wohnte.

Westbahnstraße 36, 1070 Wien. Foto: Elisabeth Kolbry

Station II: Mariahilferstraße 1 b: Weiter geht der Weg stadteinwärts die Westbahnstaße entlang bis zur Neubaugasse. An der Adresse Westbahnstraße 18 hat von 1894 bis 1899 die Familie Flöge gewohnt; Pauline Flöge hat dort eine private Lehranstalt für Kleidermacher eröffnet und geführt. Am Ende der Neubaugasse beginnt links bei der Biegung die Siebensterngasse. Bei der Biegung die Straßenseite wechseln, dann weiter stadteinwärts bis zur Stuckgasse gehen und in die Stuckgasse einbiegen (Gehzeit: rund 15 Minuten). Das Haus Stuckgasse 6 war eine der Wohnadressen der Familie Klimt.

Der Weg führt uns dann weiter die Stuckgasse entlang bis zur Burggasse. In die Burggasse nach rechts einbiegen. Nach ein paar Metern kommen wir zum Haus Burggasse 47/Ecke Kirchengasse, einer weiteren Wohnadresse der Familie Klimt. Der Weg führt weiter die Burggasse entlang bis zur Stiftsgasse. In die Stiftsgasse rechts einbiegen und die Stiftsgasse bis zur Mariahilfer Straße entlang gehen. Auf diesem Wegstück bekommt man auch einen guten Eindruck von der Schönheit der alten Gassen und Häuser, die es im 7. Bezirk gibt. Bei der Mariahilfer Straße dann nach links abbiegen und die Mariahilfer Straße stadteinwärts hinuntergehen. An der Adresse Mariahilfer Straße 13 hat die Familie Flöge von 1899 bis 1904 gewohnt. Das Haus Mariahilfer Straße 1 b ist mit seinem spitzen Turm gut zu erkennen und befindet sich gegenüber dem Seiteneingang zum Museumsquartier (Gehzeit: rund 15 Minuten).

Casa Piccola mit Reklametransparent der Schwestern Flöge.
c Wien Bibliothek. Der Architekt Heft 1 (1916), S. 71 https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/deed.de

Emilie Flöge (1874-1952) war erfolgreiche Unternehmerin und Modeschöpferin, eine für die Zeit um 1900 sehr emanzipierte Frau und über 20 Jahre, bis zu seinem Tod im Jahr 1918, die Lebensgefährtin von Gustav Klimt. Im Haus Mariahilfer Straße 1 b haben sie und ihre Schwestern ab 1904 gewohnt und gemeinsam einen der bedeutendsten Modesalons Wiens geführt. Mit der Einrichtung des Salons wurde die Wiener Werkstätte, Kolo Moser und Josef Hoffmann, beauftragt. Das Signet des Salons hat Gustav Klimt selbst entworfen. Emilie Flöge war der kreative Kopf und hatte die Leitung des Salons über. Im Salon der Schwestern Flöge Salon wurde sowohl die von ihr propagierte Reformkleidung, als auch an der Pariser Mode orientierte modische Kleidung hergestellt. Der Salon bestand bis 1938.

Station III: Gebäude der Secession: Gleich nach dem Haus Mariahilferstraße 1b befindet sich die Rahlstiege. Diese hinuntergehen, die Rahlgasse entlang bis zur Gumpendorferstraße, dann nach links und ein paar Meter weiter bis zur Ampel am Getreidemarkt, von der aus man bereits die vergoldete Kuppel des Sezessionsgebäudes sieht. Bei der Ampel die Gumpendorferstraße überqueren und den Getreidemarkt hinunter gehen (Gehzeit: rund 10 Minuten).

Gebäude Wiener Sezession. Foto: Elisabeth Kolbry

Das Gebäude der Wiener Secession mit seiner schmiedeeisernen, vergoldeten, Kuppel aus Blättern und Beeren ist heute eines der wichtigsten Jugendstilbauten in Wien. 1897 war die Gruppe der Secessionisten, zu der u.a. Kolo Moser, Josef Hoffmann, Joseph Maria Olbrich, Carl Moll und Gustav Klimt gehörten, aus der Genossenschaft der bildenden Künste Wien (Künstlerhaus) ausgetreten. Gustav Klimt wurde zu ihrem ersten Präsidenten gewählt und hatte diese Funktion von 1897 bis 1899 inne.

Das Ausstellungsgebäude wurde in den Jahren 1897/1898 vom Architekten Joseph Maria Olbrich erbaut. Am Ende des 2. Weltkriegs wurde der Bau durch Bomben beschädigt, von der Deutschen Wehrmacht bei ihrem Abzug in Brand gesteckt und weitgehend zerstört. In den 1960er Jahren wurde das Gebäude rekonstruiert, 1984/85 erfolgte eine neuerliche Generalsanierung, wodurch die originale Raumtypologie wiederhergestellt wurde, und 2017/2018 die Sanierung der Fassade und der Kuppel.

Es lohnt sich jedenfalls, das Gebäude von außen näher zu betrachten. Der Entwurf für die brozenen Außentüren stammt von Georg Klimt, Gustav Klimts Bruder. Neben dem Portal sind auf der rechten und linken Seite die zentralen Daten der Wiener Secession zu sehen, das Datum der konstituierenden Sitzung am 3. April 1897 und das Datum der Einweihung des Gebäudes am 12. November 1898. Über dem Portal befinden sich die Köpfe der Gorgonen (geflügelte Schreckgestalten mit Schlangenhaaren, die jeden der sie anblickt zu Stein erstarren lassen) mit der darunter stehenden Aufschrift Malerei, Architektur, Plastik. Auf der Vorderseite des Gebäudes, unterhalb der Kuppel, steht das Motto der Wiener Secession: “Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit”. Die Mosaikschalen an der Treppe wurden von Robert Oerley gestaltet. Die an den Seitenfassaden angebrachten Eulen wurden von Kolo Moser entworfen. Die an der rechten Fassade hinten angebrachten Kranzträgerinnen stammen ebenfalls von Kolo Moser und wurden bei der Generalsanierung des Hauses 2017/18 rekonstruiert.

Wiener Secession, Kranzträgerinnen. Foto: Elisabeth Kolbry

In der Sezession befindet sich der Beethovenfries von Gustav Klimt, den er ursprünglich für die XIV. Ausstellung im Jahr 1902 gestaltet hat. Diese Ausstellung war als Gesamtkunstwerk und als Hommage an den Komponisten Ludwig van Beethoven gestaltet. Mit dem Beethovenfries, den er als symbolische Umsetzung der 9. Symphonie Ludwig van Beethovens umsetzte, hat Gustav Klimt eines seiner Hauptwerke und eines der bedeutendsten Werke des Wiener Jugendstils geschaffen.

Wiener Secession, Eulen.
Foto: Elisabeth Kolbry

Endpunkt: Gebäude der Sezession; geht man am Gebäude vorbei kommt man nach ein paar Metern zum Abgang zu den U-Bahnen (U4, U1, U2) und zum Durchgang zu den Straßenbahnlinien. Im Durchgang befindet sich auch eine öffentliche Toilette.

Geht man nicht den Abgang zu den U-Bahnen hinunter, sondern überquert die Straße, sieht man bereits das Cafe Museum, in dem man/frau sich nach dem Spaziergang ausruhen und bei hervorragenden Mehlspeisen stärken kann.

Links:

Stadtplan: https://www.wien.gv.at/Stadtplan/

Wiener Linien: https://www.wienerlinien.at/fahrpl%C3%A4ne

Secession: https://www.secession.at/

Cafe Museum, Operngasse 7, 1010 Wien: https://www.cafemuseum.at/de/cafe-museum.html

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