Tourismus ?!

Tourismus ?!

Tourismuswerbung und Österreich-Klischees

Der Frage, wie Österreich nach 1945 wieder zur Tourismusnation wurde, geht die Ausstellung „Holidays in Austria. Ein Urlaubsland erfindet sich neu“ im Haus der Geschichte Österreich nach. Ausgangspunkt dafür sind die Fotoalben eines englischen Ehepaares aus den 1950er Jahren, die von ihrer Tochter dem Haus der Geschichte Österreich zur Verfügung gestellt wurden.

Nach der Beendigung der nationalsozialistischen Herrschaft durch den Sieg der Alliierten erfolgte in Österreich bereits 1945 die Gründung der Zweiten Republik. Österreich blieb bis zum Abschluss des Staatsvertrages 1955 ein durch die USA, Frankreich, Großbritannien und die Sowjetunion in vier Zonen geteiltes Land.

Bereits in der Zeit des Wiederaufbaus wurde sowohl von österreichsicher als auch von Seite der Alliierten der Tourismus gefördert. Unterstützt wurde dies durch staatliche Werbung, regionale Initiativen und den Wiederaufbau der Infrastruktur.

Nach Kriegsende war die Stelle für den Wiederaufbau der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft, die 1946 gegründet wurde, für den Aufbau des Tourismus zuständig. Ab 1955 übernahm die Österreichische Fremdenverkehrswerbung, die durch den Bund, die Bundesländer und die Bundeswirtschaftskammer finanziell getragen wurde, die Tourismuswerbung.

Werbeplakat, Österreich 1946 – Ausstellungsansicht

Wie immer, beginnt Geschichte nicht mit einem bestimmten Datum oder Jahr, sondern viel früher – dies gilt auch für die Geschichte des Fremdenverkehrs nach 1945.  Diese „Wiederentdeckung“ des Fremdenverkehrslandes Österreich knüpfte ideologisch und in vielen Fällen auch in personeller Hinsicht nahtlos an die Fremdenverkehrswerbung der austrofaschistischen Diktatur ab 1933 an, die ab 1938 in das Konzept der NS-Propaganda übernommen wurde.

Das Konzept nach 1945 griff auf den Begriff der Volkskultur zurück, der durch den Austrofaschismus geprägt wurde. Es wurden zwar neue Plakate, Broschüren und Werbefilme für die Werbung im Ausland hergestellt, doch die sog. „Volkskultur“, besonders Trachten und Volksmusik, wurde wieder als Werbeträger eingesetzt und das Bild der Trachten tragenden ÖsterreicherInnen bei Zitherspiel und Volkstanz verbreitet.

Nach 1945 wurden aber auch die Operette (Im weißen Rössl am Wolfgangsee) und Filme (Der Horat Geiger 1947 und Mariandl, Wachau) zunehmend zu Werbeträgern für Regionen. In der Nachkriegszeit entstand auch die Erzählung vom Musikland Österreich, wobei besonders die klassische Musik und ihre Komponisten als Werbeträger vereinnahmt und eingesetzt wurden.

Österr. Fremdenverkehrswerbung-Plakat 1954-Ausstellungsansicht

In diesen Jahren standen in der Bewerbung die Erholung, schöne Landschaften und Sport im Zentrum. Österreich wurde als idyllischer Sehnsuchtsort und erschwingliches Reiseziel angepriesen.  

Ebenfalls ein wichtiger Aspekt in der Bewerbung spielte der Reichtum des kulturellen Erbes. Kirchen und Klöster wurden als typische Sehenswürdigkeiten beworben und kirchliche Feste zu Anziehungspunkten für den Fremdenverkehr. Dies förderte im Land selbst gleichzeitig die Betonung einer einheitlichen religiösen Identität Österreichs sowie einer angestrebten Versöhnung nach den Kriegsjahren.

Ein weiterer Rückgriff erfolgte bereits früh – und noch vor den Sissi-Filmen, die Mitte der 1950er Jahre gedreht wurden – auf die Habsburgermonarchie. Diese wurde politisch als Symbol für eine vorgeblich gute alte Zeit genutzt, die Austrofaschismus und Mittäterschaft im Nationalsozialismus vergessen lassen und die Idee von Kontinuität vermitteln sollte.

Die in der Nachkriegszeit übernommenen, weiter- und neu entwickelten und verbreiteten Klischees von Österreich sind aber nicht nur als historische Beispiele zu verstehen – sie wirken bis heute nach und beeinflussen das Bild von Österreich sowohl im Ausland als auch im Inland bis heute. Und zwar nicht nur in der Tourismuswerbung, sondern auch im gesellschaftspolitischen Alltag, wie ein Blick auf die derzeit geführte Diskussion über eine “Leitkultur” in Österreich deutlich zeigt.

Die Ausstellung ist bis 6. Jänner 2025 im Haus der Geschichte Österreich in Wien zu sehen!

Adresse: Haus der Geschichte Österreich, Hofburg, Heldenplatz, 1010 Wien http://www.hdgoe.at

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10.00-18:00 Uhr, Donnerstag 10:00-21:00 Uhr

Österr. Fremdenverkehrs-werbung-Plakat um1955-Ausstellungsansicht
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