Unbekannte Orte

Unbekannte Orte

Neue Bilderwelten – eine Entdeckungsreise

Das Kunst Haus Wien zeigt derzeit die erste große Ausstellung des Fotokünstlers Gregor Sailer in Österreich. Mit seinen in den letzten zwanzig Jahren entstandenen Bildern ermöglicht er uns einen Blick auf Orte, die wir selbst nie betreten könnten, weil sie für die Allgemeinheit nicht zugänglich sind, aufgrund ihrer geografischen Lage nicht erreichbar wären oder weil es diese Orte nicht mehr gibt.

Gregor Sailer, 1980 in Tirol geboren, besuchte die Schule für Fotografie und Optik in Hall in Tirol bevor er an der Fachhochschule in Dortmund Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie und Experimentalfilm studierte, wo er später auch das Masterstudium Photografic Studies abschloss. Vielfach ausgezeichnet, hat er seine Werke seit 2004 in Einzel- und Gruppenausstellungen international präsentiert und ist in so bedeutenden Sammlungen wie der Albertina und dem Belvedere in Wien, dem Rupertinum in Salzburg, dem Ferdinandeum Innsbruck und dem Fotomuseum Winthertur vertreten. Seine Reisen hat er in mehreren Fotobüchern dokumentiert.

Als Fotograf und Designer lebt und arbeitet er in Tirol, von wo aus er seine Projekte vorbereitet. Dabei verbindet er sein Interesse am Unbekannten mit seiner fachlichen Expertise als Fotograf. Wie er selbst sagt, folgen einer Idee eine lange Konzeptionsphase, umfangreiche Recherchen und die organisatorische Vorbereitung einschließlich der Einholung der notwendigen Fotogenehmigungen, bis die tatsächliche Durchführung der Reisen – eigentlich sollte man sie als Expeditionen bezeichnen – erfolgen kann.

Seine Reisen führen ihn an unzugängliche Orte, in militärische Sperrgebiete und Regionen, durch Konzerne für den Rohstoffabbau gesperrte Gebiete, in aus Sicherheitsgründen abgeschlossene Städte, oder aber in Anlagen, die sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.

Gregor Sailer, Militärstation Norwegen, 2020,aus der Serie The Polar Silk Road. © Gregor Sailer, Bildrecht Wien 2022

Dabei sieht er es als seine Aufgabe, mit seinen Bildern den Menschen Zugang zu gesellschaftsrelevanten Themen zu ermöglichen. Diesen Zugang eröffnet er uns durch Bilder von Orten, von denen wir ohne seine Vermittlung nichts wissen konnten und durch die Auseinandersetzung mit den Gründen für die Entstehung der von ihm fotografierten Orte. Deren Entstehung hatte sehr unterschiedliche Ursachen, wie die Folgen des Klimawandels, politische Konflikte, Sicherheitsbedürfnisse oder die Ausbeutung von Rohstoffvorkommen.

Die Ausstellung selbst ist in verschiedene Schaffensphasen bzw. Projekte gegliedert und gibt einen Einblick in das Werk von Gregor Sailer in den letzten 20 Jahren. The Box zeigt Bilder aus dem Bergwerksstollen in Schwaz in Tirol, der im Zweiten Weltkrieg als riesige unterirdische Fabrik genutzt wurde und in dem Zwangsarbeiter:innen zur Produktion eines Kampflugzeuges eingesetzt wurden. In der Bildserie “Closed Cities” werden am Beispiel von sechs sehr unterschiedlichen Beispielen gesperrte Städte in unterschiedlichen Phasen ihres Bestehens (neue Städte, Städte in ihrer Blütezeit und im Verfall) dokumentiert, wie eine Diamantmine in Russland, einer Flüchtlingsstadt in der Sahara, bis hin zur einer aus Sicherheitsgründen abgesperrten Stadt für eine reiche Bevölkerungsgruppe in Argentinien. Die Fotos zu The Potemkin Village gehen der Frage nach, wo es heute noch potemkinsche Dörfer gibt, wie künstliche für das Militär zu Übungszwecken errichtete Städte, Autotestgelände und chinesische Stadtrepliken. Seine letzten großen Arbeiten zum Thema die neue Seidenstraße, The Polar Silk Road, zeigen die Folgen des Klimawandels am Nordpol im Hinblick auf die massive militärische Aufrüstung, neue Schiffsrouten und Handelswege, Erschließung von Rohstoffen.

Dabei sind die inhaltliche und ästhetische Umsetzung sind für ihn zentral. Er konfrontiert die Betrachter:innen nicht mit plakativem Bildmaterial, sondern mit einer sehr ruhigen, neutralen Annäherung der von ihm fotografierten Architektur in der Landschaft. Mit seiner konzentrierten Wahrnehmung der Umwelt, der Lichtverhältnisse, der Perspektiven, der Auswahl seiner Motive und der Bildkomposition gelingt es ihm mit höchster technischer Kompetenz und einem künstlerischen Blick die Besonderheit der Orte zu erfassen.

Gregor Sailer, Industrial Site, Pas Laffan, Qatar, 2010, aus der Serie Closed Cities. © Gregor Sailer, Bildrecht 20022

Dabei lässt er die Betrachter:innen oft vergessen, dass die Bilder unter extremen Rahmenbedingungen entstanden sind, bedingt z.B. durch die klimatischen Verhältnisse wie extreme Hitze und Kälte oder Stürme, das jeweilige Arbeitsumfeld, das oftmals nur kurz und in “Begleitung” bewaffneter Sicherheitskräfte betreten werden durfte, den Zeitdruck bei der Anfertigung der Bilder.

Mit seinen Bildern, die eine außergewöhnliche Ästhetik aufweisen und eine unglaubliche Intensität spüren lassen, möchte er über die reine Betrachtung hinaus die Betrachter:innen zu einer Auseinandersetzung mit den Bildinhalten anregen.

Gregor Sailers Bilderwelten sind nicht nur einzigartige Kunstwerke, sondern auch unwiederbringliche Zeitdokumente. Es sind die Geschichten hinter den Bildern, die den Rahmen für seine künstlerische Arbeit vorgeben und uns von der Zukunft erzählen” (Gerlinde Riedl, Direktorin des KUNST HAUS WIEN)

Gregor Sailer, Forschungsstation, EastGRIP, Greenland, 2019, aus der Serie The Polar Silk Road. © Gregor Sailer, Bildrecht Wien 2022

Die Ausstellung im Kunsthaus Wien ist noch bis 19. Februar 2023 zu sehen!

Adresse: Kunst Haus Wien. Museum Hundertwasser. Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien https://www.kunsthauswien.com/de/ausstellungen/museum-hundertwasser/

Anreise: Straßenbahnlinien 1 oder O bis Radetzkyplatz

Öffnungszeiten: täglich 10:00-18:00 Uhr

Kurzfilme zur Ausstellung mit Gregor Sailer, in denen der Künstler seine Werke erläutert:

Intro/Einführung: https://www.youtube.com/watch?v=v9ajHDWvedw (1:59 min)

The Box: https://www.youtube.com/watch?v=TmS58sgDtNI (3:29 min)

Closed Cities: https://www.youtube.com/watch?v=GqEqsH_tEnk (5:24 min)

The Potemkin Village: https://www.youtube.com/watch?v=9-hT9telGQM (5:30 min)

The Polar Silk Road: https://www.youtube.com/watch?v=KbGlL48BIgs (7:31 min)

Diese sehr informativen Filme geben in der Ausstellung, aber auch für all Jene, die die Ausstellung nicht besuchen können, einen wichtigen Einblick in die Arbeit Gregor Sailers.

Gragor Sailer, Fahrzeug-Testgelände, Carson City, Schweden, 2016, aus der Serie The Potemkin Village. © Gregor Sailer, Bildrecht Wien 2022

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